http://www.nzz.ch/nachrichten/sport/akt ... 54029.html
Protzig ist nur das Auto. Das hat ihm der FC Basel zur Verfügung gestellt. Das schlichte T-Shirt, die eng geschnittene Jeans und die zu grossen Turnschuhe hat sich der Basler Verteidiger Joo Ho Park selber gekauft, und darin fühlt er sich wohl.
Adrian Lustenberger
Nicht dass das in seinem Wagen anders wäre, vermittelt koreanische Pop-Musik doch ein Heimatgefühl in einem Umfeld, das so anders ist als das ihm vertraute.
Seine Hände in den tiefen Jackentaschen versteckend, wirkt er schüchtern. Es überrascht nicht, dass er im Stadionrestaurant den Tisch ganz hinten in der Ecke wählt. Des Öfteren schaut er sich im Raum um, als suche er etwas. Wie im Sommer des letzten Jahres, als er in der Schweiz ankam. «Ich konnte die Strassenschilder nicht lesen. Meine Teamkollegen mussten mich vom Hotel zum Stadion fahren», erzählt er der Dolmetscherin und lächelt verlegen.
Heimweh verspürt der 25-Jährige nicht mehr. Er habe sich daran gewöhnt, dass einfach alles anders sei – zumindest neben dem Platz. Auf dem grünen Rasen hat er sich auf Anhieb durchgesetzt. Dort werde eben «Fussball gesprochen», sagt er. Diese Sprache beherrsche er im Gegensatz zur deutschen und zur englischen.
Park war nicht der einzige Basler Neuzuzug auf diese Saison hin aus Ostasien. Auch der 19-jährige Nordkoreaner Kwang Ryong Pak wechselte zum FCB. Ein Süd- und ein Nordkoreaner in demselben Team: Die Kaderliste hat friedenspolitischen Symbolcharakter. Denn die beiden Staaten haben bis heute keinen Friedensvertrag unterzeichnet, einzig ein Waffenstillstandsabkommen wurde zum Ende des Koreakrieges 1953 ausgehandelt. Aufgrund der angespannten Lage am letzten heissen Fleck des Kalten Krieges hält die Weltöffentlichkeit immer wieder den Atem an.
Im FC Basel sei die Feindschaft der beiden Länder kein Thema, sagt Park. Weder der Tod des Diktators Kim Jong Il noch der missglückte nordkoreanische Raketentest sei besprochen worden. «Wir sind hier, um Fussball zu spielen», sagt Park. Darauf besteht auch der FCB. Gemeinsame Gesprächstermine mit den beiden asiatischen Spielern gibt es darum während dieser Saison nicht – gemäss offizieller Begründung «aus Respekt vor den verschiedenen Kulturen». Die Medienanfragen aus Asien seien zu Beginn der Saison zahlreich gewesen, die Situation sei ungewohnt für alle Beteiligten. Man habe zuerst spüren müssen, was angebracht sei, und habe dann so entschieden, lässt der FC Basel ausrichten.
Die Integration der beiden Spieler ins Team sei aber problemlos verlaufen. Mehr noch: Da der Nordkoreaner Pak der englischen Sprache erstaunlicherweise mächtiger ist als der Südkoreaner Park, übersetzt er ihm die Anweisungen des Trainers Heiko Vogel ins Koreanische. Die nord- und die südkoreanische Sprache sind bis auf einige Vokabeln identisch. Da sich die Nordkoreaner aber im Gegensatz zu ihren südlichen Nachbarn weigern, Begriffe aus der englischen Sprache zu übernehmen, nennen sie beispielsweise das Radio nicht Radio, sondern «sprechende Box». Der Hamburger ist ein «Fleisch zwischen zwei Broten».
In der Freizeit unternehmen die beiden Asiaten trotzdem nur wenig zusammen, und aufgrund der Sprachbarriere zu allen anderen Teamkollegen ist Park oft alleine unterwegs. Im Restaurant bestellt er denn auch selbständig. Er habe sich einfach durch die Karte gegessen und sich eingeprägt, was ihm besonders geschmeckt habe. Zum Beispiel Cordon bleu. Aus der koreanischen Küche vermisst er die Suppe mit Kuhmagen.