SVP ohne Bundesrat

Der Rest...
Fulehung
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Beitrag von Fulehung »

Interessanter Kommentar aus dem Tages-Anzeiger:

04. Juni 2008, 19:00 u2013 Von Philipp Löpfe
Analyse
SVP: Der amerikanische Alptraum

Die SVP setzt auf die Rezepte der US-Republikaner. Das brachte ihr lange Erfolg. Wird es ihr jetzt zum Verhängnis?

Ausgelöst sind die aktuellen Wirren innerhalb der SVP selbstverständlich durch die Abwahl von Christoph Blocher und die vermeintliche «Verräterin» Eveline Widmer-Schlumpf. Die Schwierigkeiten der SVP haben aber auch tiefer liegende Gründe: Ihre Rezepte stimmen nicht mehr mit der Wirklichkeit überein. Diese Rezepte stammen ohnehin zu einem guten Teil aus Übersee. Das fällt jedem an Politik interessierten Schweizer auf, der in den USA weilt. Die Sprüche der konservativen Populisten wie Rush Limbaugh oder Bill O'Reilly sind ihm bestens vertraut. Die linken Medien, die dekandenten 68er, die faulen Linken, Kuschelpädagogik, Gutmenschen etc., all dies hat man bis zum Überdruss von den SVP-Scharfmachern wie Christoph Mörgeli gehört. Das ist kein Zufall, die SVP hat den Aufstieg der konservativen Republikaner nicht nur sehr genau studiert, sie hat auch ihre Erfolgsrezepte teilweise eins zu eins abgekupfert. Der «Vertrag mit den Wählern» beispielsweise, ein zentrales Element der letzten SVP-Wahlkampagne, ist eine beinahe Original getreue Kopie des «Contract with America», mit der Newt Gingerich die konservative Wende in den Neunzigerjahre eingeleitet hat.
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Mit den US-Republikanern verbindet die SVP nicht nur die Methoden, sondern auch die Inhalte. Beide vereinen ein neoliberales Wirtschaftsprogramm mit sozial-konservativen Werten und Fremdenfeindlichkeit. Lange war dies überaus erfolgreich. «Die Republikaner waren in der Lage, Präsidentschaftswahlen zu gewinnen und die Kontrolle im Kongress zu übernehmen, weil es ihnen gelang, via Rassenfrage die politische Dominanz im Süden zu erreichen», schreibt der Ökonom und Kolumnist der «New York Times», Paul Krugman, in seinem Buch «Nach Bush».

Die Formel «Fremdenphobie plus Neoliberalismus» scheint jedoch ihre Wirkung in den USA zu verlieren. «Rassismus und soziale Intoleranz sind im Niedergang begriffen», stellt Krugman fest. Das belegt nicht nur der aktuelle Sieg des demokratische Präsidentschaftskandidaten Barack Obama über Hillary Clinton. Auch die beiden derzeit beliebtesten Amerikaner, der Golfspieler Tiger Woods und die TV-Moderatorin Oprah Winfrey, sind schwarz. Die Rassenfrage wird derzeit von anderen Problemen in den Hintergrund geschoben. «Bedenken über die steigende Ungleichheit und die wirtschaftlichen Unsicherheit nehmen an Bedeutung zu», stellt Krugman fest.

Offensichtlich trifft dieser Befund auch auf die Schweiz zu. Das zeigt die deutliche Niederlage der Einbürgerungsinitiative, bei der die SVP einmal mehr auf die Karte Fremdenfeindlichkeit gesetzt hat. Die unerwartete Klatsche deutet darauf hin, dass mit der SVP genau das geschieht, was sie bisher ihren Gegnern bisher vorgeworfen hat: Sie verliert die Bedürfnisse der Wählerinnen und Wähler aus den Augen.

Besonders deutlich zeigt sich dies etwa in der Gesellschaftspolitik: Die SVP lehnt nach wie Mutterschaftsversicherung, Krippen, Tagesschulen und Horte vehement ab. Sie setzt damit implizit voraus, dass Frauen primär Mütter sind, zumindest solange ihre Kinder klein sind. Heute sind jedoch nicht mehr bloss emanzipierte Frauen berufstätig, sondern alle. Sei es, weil sie es so wollen, sei es, weil es finanziell anders gar nicht geht. Deshalb sind Tagesschulen und erschwingliche Krippenplätze für junge Eltern keine ideologische, sondern sehr pragmatische Fragen geworden. Ähnlich sieht es in der Verkehrspolitik aus: Die Opposition der SVP gegen den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und ihre Forderung nach mehr Strassen werden lächerlicher mit jedem Dollar, um den das Fass Rohöl teuerer wird.

Der SVP fällt es immer schwerer, Sündenböcke zu finden. Selbst einfache Bürgerinnen und Bürger erkennen, dass die Klimaerwärmung kein Hirngespinst grüner Spinner ist, das sich mit einem Hinweis auf das Waldsterben erledigen liesse. Jeder kann selbst sehen, wie die Gletscher schmelzen, und jeder ahnt zumindest, dass sich dieses Problem nicht mit einer Steuersenkung beheben lässt. Überhaupt wird die Mehrzweckwaffe Steuersenkung immer mehr zum Rohrkrepierer. Erstens, weil von tiefen Steuern Menschen profitieren, die auch bei der SVP-Basis mässig beliebt sind, Marcel Ospel beispielsweise. Und zweitens haben die endlosen Steuerdiskussionen auch die Einsicht wachsen lassen, dass der Staat auf diese Einnahmen angewiesen ist, wenn er seinen Verpflichtungen nachkommen will. So haben die Tessiner am Wochenende eine Steuersenkungs-Initiative der Lega, einer Art SVP-Ultras, verworfen.

«Neoliberalismus plus Fremdenphobie» ist keine Einheitsformel konservativer Parteien, es sind sehr unterschiedliche Entwicklungen möglich. Die britischen Tories beispielsweise waren in der Thatcher/Reagan-Ära ebenfalls ideologische Zwillinge der Republikaner. Sie waren stur EU-feindlich und neoliberal. Das hat sie beinahe in die politische Bedeutungslosigkeit geführt. Jetzt werden die Konservativen im vereinigten Königreich wieder eine Ernst zu nehmende Macht. Voraussetzung dafür war ein Bruch mit dem Gedankengut der US-Republikaner. David Cameron, Parteichef und neuer Hoffnungsträger, hat dem Thatcherismus abgeschworen und setzt auf Ökologie und Gemeinschaftssinn.

Davon ist die SVP noch weit entfernt. Sie hat sich im Gegenteil radikalisiert und wird heute von Ideologen beherrscht, die alles rückgängig machen wollen, was an sozialem Fortschritt und gesellschaftlicher Emanzipation in den letzten Jahrzehnten erreicht worden ist. Deshalb der tiefe Hass auf die Alt-68er, auf die «Linken und Netten» und die «Cüpli-Sozialisten». Deshalb auch die ideologische Nähe zu den US-Republikanern. Diese befinden sich bereits in der Krise, die SVP ist auf dem besten Weg dorthin. Daran wird auch der Ausschluss von «Verräterinnen» und der Absprung von «Verrätern» nichts ändern. Im Gegenteil: Wenn es den Abtrünnigen gelingt, eine SVP nach dem Vorbild der englischen Tories zu gestalten, einer Partei, die bürgerlich-konservativ politisiert, aber auch das Gemeinwesen und die Umwelt nicht aus den Augen verliert, wird es für die SVP gefährlich. Eveline Widmer-Schlumpf hat offensichtlich das Potenzial, zu einer Galionsfigur einer solch «modernen» konservativen Partei der Schweiz zu werden. Gelingt dies, haben Christoph Blocher und seine Hardliner wirklich ein Problem.


Hat was... :eek:

Rotblau
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Beitrag von Rotblau »

Die SVP ist nur wegen Blocher so stark geworden. Unglaublich das Gejammer der Linken, weil die SVP Widmer-Schlumpf nicht als Bundesrätin akzeptiert. Eines muss man aber der SP lassen, vor einigen Jahren nahm ein SP-Mann die Wahl aus Partei ideologischen Gründen nicht an. Übrigens, auch die SP schloss schon Leute aus, die gesinnungsmässig zu abtrünnig waren. Grundsätzlich finde ich das in Ordnung, eine Partei ist ein Ansammlung von Leuten mit ähnlichen Ansichten, also sollen dissidente Mitglieder eine Partei suchen, die ihrer Ideologie entspricht.

Bei der Abstimmung am Wochenende hat sich die SVP jedoch verschätzt. Statt dafür zu sorgen, dass an der Urne über restriktivere Einbürgerungsbedingungen abgestimmt wurde, hat man eine Variante vorgeschlagen, die dem Rechtsstaat krass widerspricht und über die man m.E. gar nicht hätte abstimmen dürfen, denn eine Einbürgerung ist ein Privatsache wie eine Ausbildung oder eine Heirat. Und darüber wird hoffentlich auch niemals abgestimmt werden müssen.

Nun ist die SVP daran, eine Initiative gegegen kriminelle Ausländer zu lancieren. Das Gute daran ist, dass es dieses Mal nur die Kriminellen trifft und nicht alle. Dann kann auch Rotblau wieder ein Ja einlegen.

jakobiner
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Beitrag von jakobiner »

Zitat Tagi-Artikel:

"Eveline Widmer-Schlumpf hat offensichtlich das Potenzial, zu einer Galionsfigur einer solch «modernen» konservativen Partei der Schweiz zu werden."

Immer wieder lustig, wenn Wunschvorstellungen die Wahrnehmung der Realität in einem solchen Ausmass vernebeln...
:D

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k@rli o.
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Beitrag von k@rli o. »

Kawa hat geschrieben:Schweizerische Verlierer Partei :D :D :D
find i no interessant: mi "Schweizerische Vlausen-Partei" wird glöscht, und dä Bitrag blibt stoh. Ka mer kei politische Reim druf mache...
AMATEUR CRIMPS is an anagram for TRUMP'S AMERICA

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SeBaselOnMyRhein
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Beitrag von SeBaselOnMyRhein »

k@rli o. hat geschrieben:find i no interessant: mi "Schweizerische Vlausen-Partei" wird glöscht, und dä Bitrag blibt stoh. Ka mer kei politische Reim druf mache...
Wie gelöscht? Von einem Moderator rausgelöscht?? Dann würde hier ja putinsche Zustände herrschen in diesem Forum. :confused: :o

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Spirit of St. Jakob
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Beitrag von Spirit of St. Jakob »

Rotblau hat geschrieben: Nun ist die SVP daran, eine Initiative gegen kriminelle Ausländer zu lancieren. Das Gute daran ist, dass es dieses Mal nur die Kriminellen trifft und nicht alle. Dann kann auch Rotblau wieder ein Ja einlegen.
Ich könnte mich täuschen, aber werden kriminelle Ausländer nicht bereits ausgeschafft (soweit innerhalb der MRK möglich). Das ist doch wieder ein unnötiges Gesetz, welches nie umgesetzt wird, wie wir schon dutzende solcher Gesetze haben. Was nützen der Schweiz die Ausschaffungen, die später von Strassbourg zurückgepfiffen werden (siehe jüngstes Beispiel des jungen Türken von Mitte Mai).
Eine Diskussion ist unmöglich mit jemandem, der vorgibt, die Wahrheit nicht zu suchen, sondern schon zu besitzen.

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e Härzigs
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Beitrag von e Härzigs »

Rotblau hat geschrieben: Übrigens, auch die SP schloss schon Leute aus, die gesinnungsmässig zu abtrünnig waren.
Wer wurde ausgeschlossen?????????

Rotblau
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Beitrag von Rotblau »

e Härzigs hat geschrieben:Wer wurde ausgeschlossen?????????
kuckst du hier:

http://www.blick.ch/news/schweiz/partei ... r-sp-87637

sancho pancho
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Beitrag von sancho pancho »

Rotblau hat geschrieben:Grundsätzlich finde ich das in Ordnung, eine Partei ist ein Ansammlung von Leuten mit ähnlichen Ansichten, also sollen dissidente Mitglieder eine Partei suchen, die ihrer Ideologie entspricht.
Wieso haben denn die Herren Blocher, Mörgeli und Co. nicht anfangs der 90er jahre eine Partei gesucht, die ihrer Ideologie entsprach, sondern eine Bauernpartei infiltriert?

Ich finde es eine Frechheit, wie immer behauptet wird, dass die "liberalen" SVPler von der SVP profitiert haben und nur dank ihr ihren Posten innehaben und deshalb loyal sein sollten. Eher haben sie ihre Ämter trotz dem braunen Gesindel in der Partei bekommen. Die "liberale" SVP war vor der blocherschen SVP da!

Schlafstadt
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Beitrag von Schlafstadt »

von Alois E. Schlafstadt - ein Motor der Degeneration

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e Härzigs
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Beitrag von e Härzigs »

Rotblau hat geschrieben:kuckst du hier:

http://www.blick.ch/news/schweiz/partei ... r-sp-87637
dangge!!!

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Chancellor
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Beitrag von Chancellor »

die sp hat ja auch mal einen gewählten bundesrat aus eigenen reihen dazu 'gezwungen' die wahl nicht anzunehmen....

Am 3. März 1993 wählte die vereinigte Bundesversammlung Francis Matthey als Nachfolger des abtretenden Bundesrats René Felber. Die offizielle Kandidatin der SP, Christiane Brunner, wurde übergangen. In der Folge übte die SP-Fraktion heftigen Druck auf Matthey aus - bis er schliesslich die Wahl ablehnte.
Betreten des Rasens verboten!

Rotblau
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Beitrag von Rotblau »

Chancellor hat geschrieben:die sp hat ja auch mal einen gewählten bundesrat aus eigenen reihen dazu 'gezwungen' die wahl nicht anzunehmen....

Am 3. März 1993 wählte die vereinigte Bundesversammlung Francis Matthey als Nachfolger des abtretenden Bundesrats René Felber. Die offizielle Kandidatin der SP, Christiane Brunner, wurde übergangen. In der Folge übte die SP-Fraktion heftigen Druck auf Matthey aus - bis er schliesslich die Wahl ablehnte.
Das ist mir noch gut in Erinnerung. Es war auch das gute Recht der SP. Aber Matthey hatte auch das Recht, das Amt des Bundesrates anzunehmen, tat es aber nicht.

Stören an der Sache tut mich die Falschheit der Linken wegen dem aktuellen Verhalten der SVP. Sie motzen und klagen an, obwohl ihre Geschichte selber solche Beispiele hat. Aber eben, auf dieser Welt gab und gibt es immer wieder Menschen, sie für sich etwas wollen und es anderen nicht zugestehen.

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São Paulino
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Beitrag von São Paulino »

Habe mir die "Arena" reingezogen, war aber natürlich nur halb so viel wert ohne die Gegenseite.

Als Gegner der Partei würde ich die Abwesenden einfach mal als Loser betiteln. Aus neutraler Sicht finde ich es unverständlich, in dieser brisanten Situation für die SVP die Sendung zu boykottieren. Zeugt auch nicht gerade von viel Souveränität.

Dass die "Abgründigen" (Arena-Insider :D ) diesen Schritt wagen, finde ich mutig, eigentlich ganz unschweizerisch, wo der Durchschnittsbürger lieber die Faust im Sack macht.

Sollten diese Abtrünnigen aber wieder einen Rückzieher machen, dann wäre das in meinen Augen einer der unglaublichsten Gesichtsverluste der Geschichte. Von der Unglaubwürdigkeit der Exponenten gar nicht zu sprechen.
"Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben." (A. Einstein)

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Nikopol
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Beitrag von Nikopol »

Chancellor hat geschrieben:die sp hat ja auch mal einen gewählten bundesrat aus eigenen reihen dazu 'gezwungen' die wahl nicht anzunehmen....

Am 3. März 1993 wählte die vereinigte Bundesversammlung Francis Matthey als Nachfolger des abtretenden Bundesrats René Felber. Die offizielle Kandidatin der SP, Christiane Brunner, wurde übergangen. In der Folge übte die SP-Fraktion heftigen Druck auf Matthey aus - bis er schliesslich die Wahl ablehnte.
Hat nicht ein SP-Fritze vor kurzem den Unterschied
herausgestrichen, dass die SP, nachdem ihr Wunsch-
kandidat nicht gewählt wurde, einen Alternativkand-
idaten augeboten hat? Die SVP wollte niemanden
ausser Blocher.

ScHaTt
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Beitrag von ScHaTt »

brunner war heute nachmittag im lokalen radio bei rro :rolleyes:

nur am rande: die svp politik hat seinen zenit erreicht, das wird man in den wahlen in 3 jahren auch sehen - schaut euch einfach mal ein paar beiträge des kassensturz oder der rundschau an...

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