BaZ, 21.1.2006
Der EHC hält hinten dicht u2013 und ist vorne dabei
Die starke Defensive bildet den Grundstein eines erstaunlichen Höhenflugs der Basler Eishockeyaner
OLIVER GUT
Torverhinderer. Die EHC-Profis Ralf Bundi, Markus Wüthrich, Adrian Plavsic, Olivier Keller, Daniel Manzato, Olivier Schäublin und Gaëtan Voisard (v. links). Foto Dominik Plüss
Der EHC Basel tritt heute Samstag in Rapperswil an (19.45 Uhr, Lido) und empfängt tags darauf den Meister aus Davos (15.45 Uhr, St.-Jakob-Arena). Dass der Aufsteiger dabei um die Playoffs kämpft, hat vor allem defensive Gründe.
«Offense wins games, defense wins championships.» Die etwas verstaubte nordamerikanische Weisheit, wonach der Angriff zwar Spiele, die Verteidigung aber Meisterschaften gewinnt, hat für den EHC Basel nur bedingt Gültigkeit: Den Meisterpokal werden die Basler Eishockeyaner im Frühling kaum in die Höhe stemmen u2013 dafür gewinnt der Aufsteiger Spiel um Spiel durch eine vorzügliche Defensivleistung.
Der EHC hält also hinten dicht u2013 und ist damit in der Tabelle vorne dabei. Die beeindruckende Zwischenbilanz: Die Mannschaft von Trainer Kent Ruhnke feierte zuletzt fünf Siege in Serie. Sie kassierte dabei lediglich fünf Tore, drei davon beim 5:3-Auswärtssieg in Ambri vor der Weihnachtspause. Hinzu kommt eine erstaunliche Statistik: Von 18 Partien, die mit zwei oder weniger Toren Unterschied endeten, gewannen die Basler 12 Begegnungen. Erreichten fünf Unentschieden. Und verloren nur zweimal. Ein Spitzenwert, den nur erreicht, wer sich auf seine Abwehr verlassen kann. Deshalb bleibt Basel auch im Januar ein heisser Playoff-Kandidat und die grosse, positive Überraschung der laufenden Nationalliga-A-Saison. Die baz nennt fünf Gründe, weshalb die Basler Defensive so stark ist:
DIE STRATEGIE. Die Mannschaft wurde im vergangenen Frühjahr von Ueli Schwarz, CEO des EHC Basel, gezielt von hinten nach vorne aufgebaut. Der damalige Sportdirektor nahm zugunsten passender Verteidiger in Kauf, dass ihm der eine oder andere Skorer (Di Pietro) durch die Lappen ging. Ein Vorgehen, das sich ausgezahlt hat: Mannschaften wie der EV Zug oder die Kloten Flyers wurden im September wegen ihres Offensiv-Potenzials zu den sicheren Playoff-Kandidaten gezählt u2013 im Januar kämpfen sie mit defensiven Problemen und liegen in der Tabelle in der Region des EHC Basel.
DER GOALIE. Dass Daniel Manzato ein Torhüter-Talent ist, war schon vor dieser Saison bekannt. Doch was der 22-jährige Neuzugang in der bisherigen Qualifikation zeigte, übertraf die Erwartungen deutlich: Praktisch in jeder Partie hielt der Fribourger den EHC mit seinen Paraden im Spiel. Mit 2,69 Gegentoren pro Match und 4 Shutouts zählt er zu den statistisch besten Keepern der Liga. Er kam zu seinem ersten Einsatz im Nationalteam und ist u2013 wenn er so weiterhält u2013 ein ernsthafter Kandidat für den Titel «Goalie des Jahres».
DIE ROUTINE. Mit Olivier Keller, Gaëtan Voisard und Mark Astley wurden drei Spieler verpflichtet, die zusammen mit Adrian Plavsic viel Routine in die Abwehr bringen und jüngere Verteidiger wie Bundi, Wüthrich oder Schäublin führen können. Hinzu kommt, dass keines der älteren Semester sich auf seinen Lorbeeren ausruht: Astley spielt eine Klasse besser als im Vorjahr in Langnau, Voisard agiert schlau und engagiert und Plavsic ist als Schweizer immer noch ein guter Passgeber. Besonders hervorzuheben ist aber Keller: In Lugano war der Nationalverteidiger nur einer von vielen und musste wenig Verantwortung tragen. In Basel zeigt der Olympia-Kandidat nun, wie wertvoll er sein kann. Allein die Präsenz des meist fehlerfreien Abwehrpatrons verleiht dem Team viel Sicherheit. Das zeigte sich deutlich, als Keller wegen eines Jochbeinbruchs fehlte: Ohne den zweikampfstarken, abgeklärten Romand holten die Basler durchschnittlich 0,64 Punkte pro Partie u2013 mit ihm 1,24 Zähler. Eine grosse Differenz, die kein Zufall ist.
DAS SYSTEM. Erfolgstrainer Kent Ruhnke hat viele Qualitäten u2013 seine grösste Leistung in der bisherigen Saison ist jedoch die Adaption seines Systems: Kaum ein Team traf die Änderung hin zur konsequenten Regelauslegung mitten in der Saison so schwer wie den EHC Basel. Dessen kanadischer Übungsleiter hatte zuvor grossen Wert darauf gelegt, dass seine Spieler mit Stöcken und Händen blockten. Dies war vom einen Tag auf den andern nicht mehr möglich, was die Basler zunächst zu spüren bekamen und im Spätherbst folgerichtig ihre bislang schwächste Phase einzogen. Doch Ruhnke gelang es, sein Defensiv-System den neuen Gegebenheiten anzupassen. Die Abwehr steht wieder so sicher wie zuvor.
DIE DEFENSIVSTÜRMER. Die Verteidigung alleine funktioniert nicht, ohne Stürmer mit defensiven Fähigkeiten. Captain Alex Chatelain zählt diesbezüglich ebenso zu den Spezialisten wie der kürzlich verpflichtete Kanadier Rob Zamuner, der von Coach Ruhnke in Unterzahl sogar als Verteidiger eingesetzt wird. Beide Akteure zeichnen sich durch schlittschuhläuferische Fähigkeiten und grosse Spielintelligenz aus, die es ihnen erlaubt, Aktionen des Gegners vorauszuahnen und zu unterbinden. Mit ihrem defensiven Einsatz sind sie auch Vorbilder für andere Angreifer wie Tschuor, Friedli, Schnyder, Nüssli oder Voegele, die sich in ihrem Defensiv-Verhalten gesteigert haben und viel Arbeit nach hinten verrichten.
Landry zwei weitere Jahre beim EHC Basel
LEHTERÄ GEHT. Vor dem Wochenende mit zwei schwierigen Spielen in Kampf um die Playoffs kann der EHC Basel in einer wichtigen Personalfrage einen Erfolg vermelden: Eric Landry, der effizienteste Ausländer der Basler in dieser Saison, hat seinen Vertrag um zwei Jahre verlängert. Der Kanadier war zu Beginn der Saison von Lausanne gekommen und erwies sich als wertvoller Teamleader. Bisher erzielte Landry, der sich kürzlich von einem Bänderris im Fuss erholen musste, 29 Skorerpunkte (16 Tore/13 Assists). Nicht verlängert, sondern aufgelöst wurde der Kontrakt zwischen dem EHC und Tero Lehterä. Aufgrund ungenügender Leistungen rutschte der zuletzt verletzte Finne in der Ausländer-Hierarchie schnell nach unten. «So machte das keinen Sinn mehr», sagt CEO Ueli Schwarz. Lehterä, der im Oktober aus Finnland zu den Baslern stiess, muss sich nun selbst um einen neuen Arbeitgeber bemühen. «Es war die falsche Liga für ihn», bilanziert Trainer Kent Ruhnke u2013 ein einziges Tor in 18 Spielen belegt dieses Fazit.
CHATELAIN FRAGLICH. Weil auch der Kanadier Harold Druken nicht mehr in Basel ist u2013 er therapiert seine Knieverletzung in der Heimat und wird den Rest der Saison verpassen u2013 präsentiert sich die Ausländersituation für die Partie heute gegen die Rapperswil-Jona Lakers (19.45 Uhr, Lido) sowie gegen den HC Davos (Sonntag, 15.45 Uhr, St.-Jakob-Arena) wie folgt: Landry, Anger, Thornton, Bekar und Zamuner spielen, überzählig ist Tambijew. «Jetzt haben wir endlich sechs NLA-Ausländer», sagt Ruhnke und blickt den zwei Partien zuversichtlich entgegen: «Rapperswil spielt sehr schnell, aber wir haben einen guten Schlachtplan.» Und Davos sei unberechenbar, befände sich aber seit dem Spengler Cup in einem kleinen Tief. Für beide Spiele fraglich ist Alex Chatelain, der nach wie vor an den Folgen seiner Gehirnerschütterung laboriert.
Am Sonntag gegen Davos darf der EHC Basel mit grosser Publikumsunterstützung rechnen. Bis gestern Abend waren nur noch rund 1800 Tickets im Verkauf.