und do dr räscht...
FACTS: Man braucht aber die richtigen Klamotten, um dazuzugehören. Sie tragen einen Jeansanzug des Rap-Unternehmers Jay-Z.
Griot: Das ist wie bei einem Fussballer. Der hat auch sein Trikot.
FACTS: Aber die Halbwüchsigen in XL-Klamotten, die an den Hip-Hop-Partys bekifft die Gangsta-Rapper nachäffen u2013 die gelten doch automatisch als Hip-Hopper.
Griot: Kleidung definiert diese Kultur nicht. Das ist wie bei einem Bankschalterbeamten, der im Anzug zur Arbeit kommt u2013 der gehört auch nicht automatisch zur Bänkler-Szene.
Vanessa: Ich höre gern Rap, auch Gangsta-Rap. Für mich ist Hip Hop das, was in meinem Herzen ist. Wenn ich ein Rap-Stück höre und dazu tanzen kann, werden all meine Probleme plötzlich ganz klein.
FACTS: Was ist eigentlich ein Gangsta-Rapper?
Vanessa: Das möchte ich auch gerne wissen! Hat der eine Bank überfallen, ist das ein Zuhälter oder ein Drogenhändler? Ein Gangsta-Rapper kann so vieles sein.
FACTS: Griot, Serej: Sie machen Rap-CDs. Sind Sie Gangsta-Rapper?
Griot: Wie kommen Sie darauf?
FACTS: Wie die US-Gangsta-Rapper 50 Cent und Ja Rule provozieren Sie in Ihren Dialektstücken, indem Sie sich auf der Bühne zum sexistischen Raubein stilisieren.
Griot: Jetzt versuchen Sie, eine Verbindung zwischen mir und Gangsta-Rappern herzustellen. Ich provoziere gerne, doch nicht jeder Satz sollte auf die Goldwaage gelegt werden. Das Gesamtbild muss stimmen. Das, was ich auf der Bühne bin, bin ich auch im richtigen Leben. Aber natürlich springe, schreie und fluche ich im Alltag nicht dauernd rum. Das gehört zum Konzert, zur Kunst.
Serej: Zwischen dem, der hier sitzt, und dem Typen auf der Bühne darfs Widersprüche geben. Rappen ist eh ein Widerspruch. Live komme ich krass und hart rüber. Umgekehrt sitze ich manchmal in meinem Kämmerlein und weine.
FACTS: Sind Rapper Bluffer mit Selbstzweifeln?
Serej: Manchmal habe ich schon den Blues. Ich habe daheim Texte in der Schublade, die dürfte ich Ihnen niemals zeigen, die sind so persönlich. So will ich nicht die Hosen runterlassen, da würde ich ohne Boxershorts durch die Welt gehen.
Griot: Ich gebs zu, Eindruck schinden muss ein Rapper schon. Doch wer angibt, sollte es auf kluge Art tun. Keiner erzählt nur aus seinem langweiligen Berufsalltag. Wenn ich mich über meinen 9-to-5-Job ausliesse, wäre ich nach einem Satz fertig. Das würde keine Sau interessieren. Für den Film «Rambo» nahmen die Produzenten ja auch keine Bohnenstange. Trotzdem knallt Silvester Stallone niemanden ab im richtigen Leben.
Vanessa: Aber sind Gangsta-Rapper schlimm? Nicht, wenn sie über sich selber lachen können. Wenn einer in seinem Video-Clip ständig seinen Karren herzeigt, why not? Wenn ich das Geld hätte, würde ich mir auch so ein Auto zulegen.
FACTS: Tatsache ist, dass auch Schweizer Rapper ab und zu der Faszination der US-Gangstas erliegen. Griot rappt in seinem Lied «Hoes»: «Ich weiss, wie me se spitz macht, sturm macht vor Geilheit, bis si d Bei spreizt, währenddäm si nei seid.» Das erinnert an die Texte des US-Gangsta-Rappers Snoop Dogg.
Vanessa: Ich fand diesen Text lustig, er ist nicht frauenfeindlich. Wenn Griot solche Texte geil findet und das rappen will, soll er. Ich fühle mich nicht beleidigt. Ich weiss, dass ich keine «Hoe» bin.
Griot: Ich behaupte ja nicht, alle Frauen seien «Hoes». Es gibt aber diesen Typ Frau, die Schlampe, die sich selbst nicht respektiert, Sex mit vielen Männern hat und einen ausnimmt. Ich formuliere gerne etwas überspitzt.
FACTS: Glauben Sie wirklich an die Existenz solcher «Schlampen»? Oder hecheln Sie nur dem US-Gangsta-Star Snoop Dogg nach?
Griot: Es gibt diese «Hoes» überall auf der Welt; ich könnte jeden Vers meines Lieds mit einem Namen belegen.
FACTS: Wie würden Sie Vanessa einschätzen, wenn Sie sie in einem Klub sähen? Als «Hoe» oder als Dame?
Vanessa: Jemand, der mich «Hoe» nennt, würde bei mir in einen Hammer laufen.
Griot: Eine «Hoe» definiert sich nicht über Äusserlichkeiten. In den USA ist Gangsta eine Realität. Was man etwa in den Texten von 50 Cent hört, hat teils einen autobiografischen Hintergrund. Und der Begriff Gangsta wird in Europa eh falsch verstanden. Die Afroamerikaner rappen im Ebonics-Dialekt, Gangsta ist ein Ebonics-Adjektiv. «Thatu2019s gangsta», sagt man, wenn man etwas gut findet. Es ist also nicht jedesmal von einem Verbrecher die Rede, wenn der Begriff Gangsta auftaucht.
Serej: Deshalb ist es umso tragischer, wenn hier ein Milchgesicht auf Gangsta macht. Gangsta-Rap-Fans sitzen einer Illusion auf. Als Schweizer Rapper ist man nur glaubwürdig, wenn man aus dem wahren Leben schöpft. Ich rede so, wie mir der Schnabel gewachsen ist, auch mit meinem Chef. Rap ist wie das Leben, nicht immer angenehm.
FACTS: Verstehen Ihre Fans, worum es in den Texten geht?
Griot: Nicht immer. Manche hören «Hoes» und «Chicks» und finden dann, ich hätte etwas gegen Frauen. Aber ich sage im Konzert jeweils vor den Liedern: «Jetzt miend ihr guet loose, sunscht haissts nochhär wieder, dr Griot rappt geege d Fraue.»
Vanessa: Ich würde Griot nicht verurteilen. Er ist kein Frauenhasser, er hat mit seinem Text Recht. Ich verachte diese Frauen auch, über die er rappt. Mit solch billigen Weibern, die sich jedem anhängen, möchte ich nichts zu tun haben.
Serej: Ich rappe über mein Leben, nicht von einem Leben, das ich gerne leben möchte. Es gibt da diese Hobby-Gangstas, die können auf ihren Mix-Tapes nichts anderes als austeilen. Wenn du sie dann auf der Strasse siehst und den Blickkontakt suchst, zählen sie Kieselsteine.
FACTS: Bietet die Hip-Hop-Kultur Schweizer Jugendlichen eine Heimat?
Griot: Das regt mich immer auf, wenn ich das höre. Was heisst das? Das ist dasselbe hohle Gerede wie bei einem, der sagt, Fussball sei seine Religion u2013 das nehme ich einfach nicht ernst. Hip Hop kann einem Halt geben, aber daraus etwas Spirituelles zu machen, wäre lächerlich.
Serej: Jeder will der Krasseste sein, aber dahinter ist nichts. Einem Rapper muss man aber abnehmen können, was er erzählt. Hip Hop bedeutet: Hosen rauf und runter. Am Ende hast du sie an oder nicht.
Serej: Es gibt Leute, die sehen unseren Musik-Clip und meinen gleich, wir seien jetzt Millionäre.
Vanessa: Viele haben eine grosse Klappe. Aber Hunde, die bellen, beissen nicht.