Uss dr hüttige Wältwuche: Frau Zaki braucht ein Dienstmädchen
Uss dr hüttige Wältwuche: Frau Zaki braucht ein Dienstmädchen
Uss dr aktuelle Wältwuche:
Teil 1
Frau Zaki braucht ein Dienstmädchen
Von Alex Baur
Das Sozialmodell der Stadt Zürich hat landesweit Furore gemacht. Doch das System produziert falsche Anreize und führt zur Verschwendung von Steuergeldern. Weltwoche-Recherchen belegen: Für Fürsorge-Empfänger lohnt es sich nicht zu arbeiten.
Im Herbst 2001 blitzte die Polizei Ferad Skalonic* auf der Autobahn mit 198 km/h. Da der 34-jährige Chauffeur aus Bosnien bereits einschlägig vorbestraft war, musste er seinen Führerschein abgeben. Er verlor seine Stelle, ausserdem wurde eine Busse von 10000 Franken ausgesprochen. Angeblich fühlte sich Skalonic, ein Familienvater mit vier Kindern, danach nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Zeitweise suchte er Hilfe bei einem Psychiater. Wenig später wurde auch seine Frau krank, zuerst litt sie an einer Entzündung am Handgelenk, dann schmerzte plötzlich das Bein, so dass sie nur noch Teilzeit arbeitete. Skalonic blieb arbeitslos. Im Januar 2003 wurde Ferad Skalonic von der Arbeitslosenkasse ausgesteuert und an das Sozialamt der Stadt Zürich verwiesen.
Im Rückblick müsste Ferad Skalonic der Polizei danken. Etwas Besseres hätte ihm und seiner grossen Familie gar nicht passieren können, finanziell gesehen. Nun wurde ihm von Amtes wegen eröffnet, dass er zu jener Gruppe gehört, die «auf Fürsorgeleistungen angewiesen sind», wie es im Jargon heisst. «Seit Monaten unter dem Existenzminimum, Familie hat sich aus Stolz nicht beim Sozialamt melden wollen», protokolliert die zuständige Sozialarbeiterin am 20. Januar 2003 bei der Fallaufnahme, «bis dann klar wird, dass der Familie monatlich über Fr. 3000.u2013 zur Existenzsicherung fehlen». Wenige Tage später sind die dringendsten Rechnungen beglichen: ausstehende Mietzinsen, Zahnarzt, Krankenkasse, die Gebühren für die Verlängerung der C-Bewilligung, diverse Versicherungen. In den folgenden Tagen wird die Wohnsituation geregelt und Ferad Skalonics Gebiss saniert. Ausserdem entdeckt der Sozialarbeiter eine doppelt abgeschlossene Hausratversicherung, die nun storniert wird. Danach geschieht monatelang nichts mehr. Skalonic tritt keine neue Stelle an, ohne Fahrausweis findet er nichts Passendes. Gleichzeitig reduziert seine Frau ihr Arbeitspensum auf zwanzig Prozent. Sie verdient nun so wenig, dass sie ebenfalls Sozialhilfe erhält. Ihren geringen Verdienst muss sie nicht abgeben, er gilt als «Freibetrag». Damit möchte man Sozialhilfeempfänger dazu motivieren, ihre Rente ein wenig aufzubessern.
Monatlich erhält nun Familie Skalonic via Bank eine Rente überwiesen. Während der folgenden Jahre finden sich nur noch sporadische Einträge in der Fürsorgefiche. Zum Beispiel im Dezember 2004: «Frau S. und die Kinder haben schw. Pass bekommen; Herr S. sei wegen Verkehrsdelikten nicht eingebürgert worden». Februar 2006: «Frau S. bringt diverse Rechnungen vorbei. Mit 4 Kindern sei sie völlig überfordert. Finanzen würden nirgends wohin reichen. Der Mann sitze den ganzen Tag rum und jammere.» Juni 2006: «Herr S. ist überglücklich, er habe endlich wieder seinen Fahrausweis zurückbekommen. Frau S. bringt Rechnungen. Habe gesehen, dass sie allein für Tel. um die Fr. 350 bezahlen. Es ist klar, dass das so nicht reicht.»
Undurchsichtige Rechnungen
Trotz Führerschein hat Ferad Skalonic bis heute keine neue Arbeit gefunden. In den letzten vier Jahren hat das Sozialamt der Stadt Zürich die bosnische Familie mit 235979 Franken und 90 Rappen unterstützt. Das macht 4916 Franken im Monat. Hinzu kommen 1000 Franken, welche die Ehefrau verdient, total sind es demnach monatlich rund 6000 Franken, netto und steuerfrei. Das ist weit mehr, als Ferad Skalonic, Chauffeur, mit legaler Arbeit je verdienen könnte.
Der Fall Skalonic ist keine Ausnahme, sondern Alltag im Zürcher Sozialamt. Für eine sechsköpfige Familie ist eine monatliche Rente von knapp 5000 Franken sogar eher an der unteren Grenze. Der Weltwoche liegen ein halbes Dutzend Fallbeispiele vor, bei denen, je nach Bedarf, mehr ausbezahlt wurde: Eine dreiköpfige Flüchtlingsfamilie aus dem Kosovo erhält monatlich 5151 Franken, eine sechsköpfige Familie aus dem Irak kommt dank zusätzlichem Eigenverdienst auf über 7000 Franken im Monat, in einem weiteren Fall, von dem später noch die Rede sein wird, sind es über 9000 Franken. Zum Vergleich: Der statistische Durchschnittslohn in der Schweiz betrug vergangenes Jahr 5700 Franken brutto (vor Abzug von Sozialabgaben und Steuern). Das betreibungsrechtliche Existenzminimum für eine vierköpfige Familie, die keine Fürsorge bezieht, liegt bei gut 4000 Franken.
Dass Sozialhilfeempfänger solche hohen Beträge erhalten u2013 ohne Gegenleistung u2013, ist in weiten Kreisen der Bevölkerung kaum bekannt. Was nicht zufällig ist, denn die Sozialexperten nennen in der Öffentlichkeit meistens nur die Zahlen für den sogenannten Grundbedarf. Im Fall Skalonic wären das monatlich 2592 Franken zuzüglich Krankenkassenprämien und die Miete für die Wohnung oder das Haus, welche vom Sozialamt direkt beglichen wird. Entscheidend sind aber all die Beträge, die wenig präzis «weitere situationsbedingte Leistungen» genannt werden. Darunter fallen unzählige Leistungen, die das Sozialamt bezahlt: sämtliche Selbstbehalte der Krankenkasse sowie die Kosten für Zahnbehandlungen. Ebenso Abonnemente für öffentliche Verkehrsmittel, Schulbücher, Nachhilfeunterricht, aber auch Autofahrstunden, ja Musikunterricht oder der Koranunterricht. Engagiert sich ein Sozialhilfeempfänger in einem Verein, zahlt die Stadt den Vereinsbeitrag, fährt eine Familie in die Ferien, werden auch diese Kosten vom Sozialamt übernommen.
Dazu kommen weitere Sonderhilfen. Mit Motivations- oder «Minimalzulagen» wird etwa der Besuch eines Integrationskurses oder ein Ehrenamt bei einem Verein belohnt. In Zürich zahlt das Sozialamt sogar eine Minimalzulage, wenn ein Sozialhilfeempfänger einen Arzt aufsucht, um sich um eine IV-Rente zu bewerben. Denn eine IV-Rente zahlt der Bund, Sozialhilfe aber ist Sache der Gemeinden. Das führt dazu, dass die Gemeinden und Städte alles daransetzen, «Stammkunden» in die IV zu schieben, um sich so Kosten zu sparen, die dann beim Bund anfallen. Den Städten ist dies so viel wert, dass sie ihren Sozialhilfeempfängern auch den Anwalt bezahlen, sollte der IV-Antrag im ersten Anlauf scheitern. Aus Sicht des Steuerzahlers macht dies alles keinen Sinn, er bezahlt es sowieso. Auch die kostenlose Prozessführung vor Miet-, Arbeits- oder Versicherungsgericht gehört dazuKurz, wer im System drin ist, hat Anrecht auf eine Art Vollkaskoversicherung ohne Selbstbehalt und Risiko u2013 und wird dieses System vernünftigerweise nie verlassen.
Teil 1
Frau Zaki braucht ein Dienstmädchen
Von Alex Baur
Das Sozialmodell der Stadt Zürich hat landesweit Furore gemacht. Doch das System produziert falsche Anreize und führt zur Verschwendung von Steuergeldern. Weltwoche-Recherchen belegen: Für Fürsorge-Empfänger lohnt es sich nicht zu arbeiten.
Im Herbst 2001 blitzte die Polizei Ferad Skalonic* auf der Autobahn mit 198 km/h. Da der 34-jährige Chauffeur aus Bosnien bereits einschlägig vorbestraft war, musste er seinen Führerschein abgeben. Er verlor seine Stelle, ausserdem wurde eine Busse von 10000 Franken ausgesprochen. Angeblich fühlte sich Skalonic, ein Familienvater mit vier Kindern, danach nicht mehr in der Lage zu arbeiten. Zeitweise suchte er Hilfe bei einem Psychiater. Wenig später wurde auch seine Frau krank, zuerst litt sie an einer Entzündung am Handgelenk, dann schmerzte plötzlich das Bein, so dass sie nur noch Teilzeit arbeitete. Skalonic blieb arbeitslos. Im Januar 2003 wurde Ferad Skalonic von der Arbeitslosenkasse ausgesteuert und an das Sozialamt der Stadt Zürich verwiesen.
Im Rückblick müsste Ferad Skalonic der Polizei danken. Etwas Besseres hätte ihm und seiner grossen Familie gar nicht passieren können, finanziell gesehen. Nun wurde ihm von Amtes wegen eröffnet, dass er zu jener Gruppe gehört, die «auf Fürsorgeleistungen angewiesen sind», wie es im Jargon heisst. «Seit Monaten unter dem Existenzminimum, Familie hat sich aus Stolz nicht beim Sozialamt melden wollen», protokolliert die zuständige Sozialarbeiterin am 20. Januar 2003 bei der Fallaufnahme, «bis dann klar wird, dass der Familie monatlich über Fr. 3000.u2013 zur Existenzsicherung fehlen». Wenige Tage später sind die dringendsten Rechnungen beglichen: ausstehende Mietzinsen, Zahnarzt, Krankenkasse, die Gebühren für die Verlängerung der C-Bewilligung, diverse Versicherungen. In den folgenden Tagen wird die Wohnsituation geregelt und Ferad Skalonics Gebiss saniert. Ausserdem entdeckt der Sozialarbeiter eine doppelt abgeschlossene Hausratversicherung, die nun storniert wird. Danach geschieht monatelang nichts mehr. Skalonic tritt keine neue Stelle an, ohne Fahrausweis findet er nichts Passendes. Gleichzeitig reduziert seine Frau ihr Arbeitspensum auf zwanzig Prozent. Sie verdient nun so wenig, dass sie ebenfalls Sozialhilfe erhält. Ihren geringen Verdienst muss sie nicht abgeben, er gilt als «Freibetrag». Damit möchte man Sozialhilfeempfänger dazu motivieren, ihre Rente ein wenig aufzubessern.
Monatlich erhält nun Familie Skalonic via Bank eine Rente überwiesen. Während der folgenden Jahre finden sich nur noch sporadische Einträge in der Fürsorgefiche. Zum Beispiel im Dezember 2004: «Frau S. und die Kinder haben schw. Pass bekommen; Herr S. sei wegen Verkehrsdelikten nicht eingebürgert worden». Februar 2006: «Frau S. bringt diverse Rechnungen vorbei. Mit 4 Kindern sei sie völlig überfordert. Finanzen würden nirgends wohin reichen. Der Mann sitze den ganzen Tag rum und jammere.» Juni 2006: «Herr S. ist überglücklich, er habe endlich wieder seinen Fahrausweis zurückbekommen. Frau S. bringt Rechnungen. Habe gesehen, dass sie allein für Tel. um die Fr. 350 bezahlen. Es ist klar, dass das so nicht reicht.»
Undurchsichtige Rechnungen
Trotz Führerschein hat Ferad Skalonic bis heute keine neue Arbeit gefunden. In den letzten vier Jahren hat das Sozialamt der Stadt Zürich die bosnische Familie mit 235979 Franken und 90 Rappen unterstützt. Das macht 4916 Franken im Monat. Hinzu kommen 1000 Franken, welche die Ehefrau verdient, total sind es demnach monatlich rund 6000 Franken, netto und steuerfrei. Das ist weit mehr, als Ferad Skalonic, Chauffeur, mit legaler Arbeit je verdienen könnte.
Der Fall Skalonic ist keine Ausnahme, sondern Alltag im Zürcher Sozialamt. Für eine sechsköpfige Familie ist eine monatliche Rente von knapp 5000 Franken sogar eher an der unteren Grenze. Der Weltwoche liegen ein halbes Dutzend Fallbeispiele vor, bei denen, je nach Bedarf, mehr ausbezahlt wurde: Eine dreiköpfige Flüchtlingsfamilie aus dem Kosovo erhält monatlich 5151 Franken, eine sechsköpfige Familie aus dem Irak kommt dank zusätzlichem Eigenverdienst auf über 7000 Franken im Monat, in einem weiteren Fall, von dem später noch die Rede sein wird, sind es über 9000 Franken. Zum Vergleich: Der statistische Durchschnittslohn in der Schweiz betrug vergangenes Jahr 5700 Franken brutto (vor Abzug von Sozialabgaben und Steuern). Das betreibungsrechtliche Existenzminimum für eine vierköpfige Familie, die keine Fürsorge bezieht, liegt bei gut 4000 Franken.
Dass Sozialhilfeempfänger solche hohen Beträge erhalten u2013 ohne Gegenleistung u2013, ist in weiten Kreisen der Bevölkerung kaum bekannt. Was nicht zufällig ist, denn die Sozialexperten nennen in der Öffentlichkeit meistens nur die Zahlen für den sogenannten Grundbedarf. Im Fall Skalonic wären das monatlich 2592 Franken zuzüglich Krankenkassenprämien und die Miete für die Wohnung oder das Haus, welche vom Sozialamt direkt beglichen wird. Entscheidend sind aber all die Beträge, die wenig präzis «weitere situationsbedingte Leistungen» genannt werden. Darunter fallen unzählige Leistungen, die das Sozialamt bezahlt: sämtliche Selbstbehalte der Krankenkasse sowie die Kosten für Zahnbehandlungen. Ebenso Abonnemente für öffentliche Verkehrsmittel, Schulbücher, Nachhilfeunterricht, aber auch Autofahrstunden, ja Musikunterricht oder der Koranunterricht. Engagiert sich ein Sozialhilfeempfänger in einem Verein, zahlt die Stadt den Vereinsbeitrag, fährt eine Familie in die Ferien, werden auch diese Kosten vom Sozialamt übernommen.
Dazu kommen weitere Sonderhilfen. Mit Motivations- oder «Minimalzulagen» wird etwa der Besuch eines Integrationskurses oder ein Ehrenamt bei einem Verein belohnt. In Zürich zahlt das Sozialamt sogar eine Minimalzulage, wenn ein Sozialhilfeempfänger einen Arzt aufsucht, um sich um eine IV-Rente zu bewerben. Denn eine IV-Rente zahlt der Bund, Sozialhilfe aber ist Sache der Gemeinden. Das führt dazu, dass die Gemeinden und Städte alles daransetzen, «Stammkunden» in die IV zu schieben, um sich so Kosten zu sparen, die dann beim Bund anfallen. Den Städten ist dies so viel wert, dass sie ihren Sozialhilfeempfängern auch den Anwalt bezahlen, sollte der IV-Antrag im ersten Anlauf scheitern. Aus Sicht des Steuerzahlers macht dies alles keinen Sinn, er bezahlt es sowieso. Auch die kostenlose Prozessführung vor Miet-, Arbeits- oder Versicherungsgericht gehört dazuKurz, wer im System drin ist, hat Anrecht auf eine Art Vollkaskoversicherung ohne Selbstbehalt und Risiko u2013 und wird dieses System vernünftigerweise nie verlassen.
AN DIE SÄCKE!
Teil 2
Misserfolg als Modell
Die geschilderten Fälle stammen alle aus Zürich, einer der reichsten Städte der Welt. Noch nie hat die Zahl der Sozialhilfeempfänger hier so stark zugenommen wie in den vergangenen Jahren. Und trotz Wirtschaftsboom und rückläufiger Arbeitslosigkeit ist eine Besserung kaum absehbar. Zürich setzte dabei nur den Trend, fast alle grösseren Gemeinden der Schweiz verzeichneten ähnliche Zunahmen. Am Beispiel Zürich kann man zeigen, was schiefgelaufen ist. Mit grossem professionellem Elan war 1994 die neugewählte grüne Stadträtin Monika Stocker angetreten, das Sozialdepartement zu reformieren. Jahrzehntelang von der populären Sozialdemokratin Emilie Lieberherr geführt, galt es damals als ziemlich verstaubt. Der gelernten Sozialarbeiterin Stocker aus dem Aargau traute man zu, für frischen Wind zu sorgen. Die ersten Jahre waren von Erfolgen gekrönt. Nicht zuletzt dank Stocker gelang es, die ausser Rand und Band geratene Drogenszene zu beruhigen. Das Stimmvolk bedankte sich mit glanzvollen Wahlresultaten. Ihr ehrgeizigstes Projekt lancierte Monika Stocker aber im Juli 2001 mit einer Dezentralisierung und Neuausrichtung ihres Amtes. Fürsorgebezüger sollten zu «Klienten» werden, die ihre gesetzlich garantierten Ansprüche «auf Augenhöhe» mit den Sozialarbeitern aushandeln, «arbeiten statt rumhängen» lautete die Devise. So entstand das «Chancenmodell», das schliesslich die Sozialpolitik der ganzen Schweiz prägen sollte.
Um Sozialhilfeempfänger zur Arbeit zu bewegen, führte Stocker einen «Einkommensfreibetrag» von maximal 600 Franken ein. Das heisst, wer sich bemüht, wenigstens einen Nebenverdienst zu erzielen, sollte belohnt werden. Einen ersten Testlauf dieses auf den ersten Blick vernünftig scheinenden «Chancenmodells» liess Stocker von Experten überprüfen. Die Begleitstudie kam zum Schluss, das Modell führe «bei Mehrpersonenhaushalten zu hohen verfügbaren Einkommen», und warnte, Fürsorgebezüger würden im System hängenbleiben. Im ersten Testlauf war der Freibetrag höher. Die Tarife wurden darauf leicht gekürzt, das monatliche Budget für eine fünfköpfige Modellfamilie auf netto 6031 Franken reduziert. Doch auch nach dem zweiten Testlauf, der im April 2005 abgeschlossen wurde, fiel das Fazit der Begleitstudie immer noch negativ aus: Nicht nur die Kosten, sondern auch die Zahl der Fälle war massiv gestiegen. Vor allem aber: «Das Ziel, die Ablöserate in die wirtschaftliche Selbständigkeit zu erhöhen, wurde auch in der zweiten Pilotphase deutlich verfehlt.»
Ein Ausländerproblem?
Trotz der enttäuschenden Resultate wertete Monika Stocker ihr «Chancenmodell» als Erfolg u2013 und sie schickte sich an, es ins ganze Land zu exportieren. Im Herbst 2005 übernahm die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos), wo Stockers ehemaliger Chefbeamte Walter Schmid den Ton angibt, das «Zürcher Modell» und machte es landesweit zum verbindlichen Standard. So kam es, dass die Stadt Zürich ihr längst gescheitertes Modell via Skos reimportierte. Kritiker lässt Monika Stocker ins Leere laufen und denunziert sie als «Anhänger der schwarzen Pädagogik». Als Fälle von Sozialbetrug oder Verschwendung bekannt wurden, geht sie nur widerwillig über die Bücher und kontert mit dem Vorwurf, die «Missbrauchsdebatte» sei «die gemeine Strategie im Einzelfall». Was nicht in ihr Konzept passt u2013 etwa der mit Steuergeldern finanzierte «Bericht Hess», der aufgrund von Befragungen von Sozialarbeitern zum Schluss kam, unangemeldete Stichkontrollen seien zur Missbrauchsbekämpfung unumgänglich u2013, wird unter dem Deckel gehalten und zum Amtsgeheimnis erklärt. Das fällt ihr umso leichter, als Sozialvorsteherin Monika Stocker, zusammen mit dem Vizepräsidenten Urs Lauffer (FDP), auch die Sozialbehörde präsidiert u2013 also jene Kontroll-Rekursinstanz, die theoretisch ihr Amt überwachen sollte.
Unter dem Strich ist die Bilanz von Monika Stockers Fürsorgepolitik negativ. Allen Anreizen zum Trotz wird weniger gearbeitet und trotzdem mehr kassiert denn je. Zehn Prozent der Einkommen von Sozialhilfebezügern in Zürich sind erarbeitet, Tendenz sinkend. «Seit 2003 zeigt sich zudem», so ist im amtsinternen Organ Signifikant des Zürcher Sozialdepartements vom letzten September nachzulesen, «dass der Anteil der Löhne an allen KlientInnen-Einnahmen jedes Jahr leicht gesunken ist.» Seit Einführung des Chancenmodells im Jahr 2001 ist die Zahl der Sozialhilfefälle in der Stadt Zürich von 5500 auf heute über 9500 gestiegen. Dahinter stehen rund 15000 Personen, die von der Sozialhilfe leben.
11,4 Prozent der Ausländer in Zürich beziehen eine Fürsorgerente, in Basel sind es 12,1 Prozent. Alarmierend sind die Quoten vor allem bei den jungen Erwachsenen: Von den 18- bis 26-Jährigen lebt, gleich welcher Herkunft, jeder Zehnte von der Fürsorge. Stetig gestiegen sind auch die Nettokosten pro Fall, in Zürich allein zwischen 2002 und 2003 um rund 50 Prozent, in Basel gar um 100 Prozent. Gewiss, rund die Hälfte der Fürsorgebezüger sind Einheimische, von denen etliche auch als Schweizer geboren wurden. Der skandalöse «Hotelfall», der Ende 2004 für Schlagzeilen sorgte u2013 es ging um eine Bündner Familie, die auf Kosten des Sozialamtes in einem Zürcher Hotel untergebracht worden war u2013, hat die Steuerzahler bis heute 365225 Franken und 45 Rappen gekostet (die betreffende Familie lebt mittlerweile in einer Wohnung, aber nach wie vor vom Staat). Und doch fällt der hohe Ausländeranteil auf. Die Gründe liegen auf der Hand: Immigranten müssen nicht damit rechnen, dass bezogene Fürsorgegelder eines Tages zurückgefordert werden. Erbschaften oder Liegenschaften im Ausland werden kaum tangiert, selbst wenn sie bekannt sind, denn der Aufwand wäre enorm. Je nach Herkunft empfinden Migranten eine Fürsorgerente auch nicht unbedingt als Stigma. Dazu kommt, dass Asylbewerber sofort nach ihrer Einreise zur Fürsorge geschickt werden und damit regelrecht daran gewöhnt werden, dass sie ohne besondere Anstrengung vom Staat Geld bekommen.
Zum Beispiel die Familie Milicevic*, die 1994 aus Südserbien in die Schweiz eingereist war und «vorläufig aufgenommen» wurde. Mit diesem Status durfte der damals 36-jährige Familienvater nur in wenigen Branchen zu einem Minimallohn arbeiten; Wohnung und Krankenkasse übernahm die Fürsorge der Gemeinde Kloten. Doch Radovan Milicevic wollte als Chauffeur arbeiten; weil ihm das aber nicht erlaubt war, arbeitete er jahrelang schwarz. Bei einer Verkehrskontrolle fiel der Schwindel zufällig auf. Die Fürsorgebehörde von Kloten forderte rund 200000 Franken zurück und erstattete Anzeige. Vor dem Bezirksgericht Bülach plädierte Milicevics Verteidiger auf Freispruch. Begründung: Die Fürsorgebehörde hätte dem Mann den Betrug so leicht gemacht, dass keine Arglist vorliege. Der Angeklagte selber erklärte vor den Schranken, er fühle sich überhaupt nicht schuldig: «Alle andern arbeiten doch auch nebenbei, das weiss jeder u2013 warum muss nur ich dafür büssen?» (Weltwoche vom 4.5.2005).
Misserfolg als Modell
Die geschilderten Fälle stammen alle aus Zürich, einer der reichsten Städte der Welt. Noch nie hat die Zahl der Sozialhilfeempfänger hier so stark zugenommen wie in den vergangenen Jahren. Und trotz Wirtschaftsboom und rückläufiger Arbeitslosigkeit ist eine Besserung kaum absehbar. Zürich setzte dabei nur den Trend, fast alle grösseren Gemeinden der Schweiz verzeichneten ähnliche Zunahmen. Am Beispiel Zürich kann man zeigen, was schiefgelaufen ist. Mit grossem professionellem Elan war 1994 die neugewählte grüne Stadträtin Monika Stocker angetreten, das Sozialdepartement zu reformieren. Jahrzehntelang von der populären Sozialdemokratin Emilie Lieberherr geführt, galt es damals als ziemlich verstaubt. Der gelernten Sozialarbeiterin Stocker aus dem Aargau traute man zu, für frischen Wind zu sorgen. Die ersten Jahre waren von Erfolgen gekrönt. Nicht zuletzt dank Stocker gelang es, die ausser Rand und Band geratene Drogenszene zu beruhigen. Das Stimmvolk bedankte sich mit glanzvollen Wahlresultaten. Ihr ehrgeizigstes Projekt lancierte Monika Stocker aber im Juli 2001 mit einer Dezentralisierung und Neuausrichtung ihres Amtes. Fürsorgebezüger sollten zu «Klienten» werden, die ihre gesetzlich garantierten Ansprüche «auf Augenhöhe» mit den Sozialarbeitern aushandeln, «arbeiten statt rumhängen» lautete die Devise. So entstand das «Chancenmodell», das schliesslich die Sozialpolitik der ganzen Schweiz prägen sollte.
Um Sozialhilfeempfänger zur Arbeit zu bewegen, führte Stocker einen «Einkommensfreibetrag» von maximal 600 Franken ein. Das heisst, wer sich bemüht, wenigstens einen Nebenverdienst zu erzielen, sollte belohnt werden. Einen ersten Testlauf dieses auf den ersten Blick vernünftig scheinenden «Chancenmodells» liess Stocker von Experten überprüfen. Die Begleitstudie kam zum Schluss, das Modell führe «bei Mehrpersonenhaushalten zu hohen verfügbaren Einkommen», und warnte, Fürsorgebezüger würden im System hängenbleiben. Im ersten Testlauf war der Freibetrag höher. Die Tarife wurden darauf leicht gekürzt, das monatliche Budget für eine fünfköpfige Modellfamilie auf netto 6031 Franken reduziert. Doch auch nach dem zweiten Testlauf, der im April 2005 abgeschlossen wurde, fiel das Fazit der Begleitstudie immer noch negativ aus: Nicht nur die Kosten, sondern auch die Zahl der Fälle war massiv gestiegen. Vor allem aber: «Das Ziel, die Ablöserate in die wirtschaftliche Selbständigkeit zu erhöhen, wurde auch in der zweiten Pilotphase deutlich verfehlt.»
Ein Ausländerproblem?
Trotz der enttäuschenden Resultate wertete Monika Stocker ihr «Chancenmodell» als Erfolg u2013 und sie schickte sich an, es ins ganze Land zu exportieren. Im Herbst 2005 übernahm die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos), wo Stockers ehemaliger Chefbeamte Walter Schmid den Ton angibt, das «Zürcher Modell» und machte es landesweit zum verbindlichen Standard. So kam es, dass die Stadt Zürich ihr längst gescheitertes Modell via Skos reimportierte. Kritiker lässt Monika Stocker ins Leere laufen und denunziert sie als «Anhänger der schwarzen Pädagogik». Als Fälle von Sozialbetrug oder Verschwendung bekannt wurden, geht sie nur widerwillig über die Bücher und kontert mit dem Vorwurf, die «Missbrauchsdebatte» sei «die gemeine Strategie im Einzelfall». Was nicht in ihr Konzept passt u2013 etwa der mit Steuergeldern finanzierte «Bericht Hess», der aufgrund von Befragungen von Sozialarbeitern zum Schluss kam, unangemeldete Stichkontrollen seien zur Missbrauchsbekämpfung unumgänglich u2013, wird unter dem Deckel gehalten und zum Amtsgeheimnis erklärt. Das fällt ihr umso leichter, als Sozialvorsteherin Monika Stocker, zusammen mit dem Vizepräsidenten Urs Lauffer (FDP), auch die Sozialbehörde präsidiert u2013 also jene Kontroll-Rekursinstanz, die theoretisch ihr Amt überwachen sollte.
Unter dem Strich ist die Bilanz von Monika Stockers Fürsorgepolitik negativ. Allen Anreizen zum Trotz wird weniger gearbeitet und trotzdem mehr kassiert denn je. Zehn Prozent der Einkommen von Sozialhilfebezügern in Zürich sind erarbeitet, Tendenz sinkend. «Seit 2003 zeigt sich zudem», so ist im amtsinternen Organ Signifikant des Zürcher Sozialdepartements vom letzten September nachzulesen, «dass der Anteil der Löhne an allen KlientInnen-Einnahmen jedes Jahr leicht gesunken ist.» Seit Einführung des Chancenmodells im Jahr 2001 ist die Zahl der Sozialhilfefälle in der Stadt Zürich von 5500 auf heute über 9500 gestiegen. Dahinter stehen rund 15000 Personen, die von der Sozialhilfe leben.
11,4 Prozent der Ausländer in Zürich beziehen eine Fürsorgerente, in Basel sind es 12,1 Prozent. Alarmierend sind die Quoten vor allem bei den jungen Erwachsenen: Von den 18- bis 26-Jährigen lebt, gleich welcher Herkunft, jeder Zehnte von der Fürsorge. Stetig gestiegen sind auch die Nettokosten pro Fall, in Zürich allein zwischen 2002 und 2003 um rund 50 Prozent, in Basel gar um 100 Prozent. Gewiss, rund die Hälfte der Fürsorgebezüger sind Einheimische, von denen etliche auch als Schweizer geboren wurden. Der skandalöse «Hotelfall», der Ende 2004 für Schlagzeilen sorgte u2013 es ging um eine Bündner Familie, die auf Kosten des Sozialamtes in einem Zürcher Hotel untergebracht worden war u2013, hat die Steuerzahler bis heute 365225 Franken und 45 Rappen gekostet (die betreffende Familie lebt mittlerweile in einer Wohnung, aber nach wie vor vom Staat). Und doch fällt der hohe Ausländeranteil auf. Die Gründe liegen auf der Hand: Immigranten müssen nicht damit rechnen, dass bezogene Fürsorgegelder eines Tages zurückgefordert werden. Erbschaften oder Liegenschaften im Ausland werden kaum tangiert, selbst wenn sie bekannt sind, denn der Aufwand wäre enorm. Je nach Herkunft empfinden Migranten eine Fürsorgerente auch nicht unbedingt als Stigma. Dazu kommt, dass Asylbewerber sofort nach ihrer Einreise zur Fürsorge geschickt werden und damit regelrecht daran gewöhnt werden, dass sie ohne besondere Anstrengung vom Staat Geld bekommen.
Zum Beispiel die Familie Milicevic*, die 1994 aus Südserbien in die Schweiz eingereist war und «vorläufig aufgenommen» wurde. Mit diesem Status durfte der damals 36-jährige Familienvater nur in wenigen Branchen zu einem Minimallohn arbeiten; Wohnung und Krankenkasse übernahm die Fürsorge der Gemeinde Kloten. Doch Radovan Milicevic wollte als Chauffeur arbeiten; weil ihm das aber nicht erlaubt war, arbeitete er jahrelang schwarz. Bei einer Verkehrskontrolle fiel der Schwindel zufällig auf. Die Fürsorgebehörde von Kloten forderte rund 200000 Franken zurück und erstattete Anzeige. Vor dem Bezirksgericht Bülach plädierte Milicevics Verteidiger auf Freispruch. Begründung: Die Fürsorgebehörde hätte dem Mann den Betrug so leicht gemacht, dass keine Arglist vorliege. Der Angeklagte selber erklärte vor den Schranken, er fühle sich überhaupt nicht schuldig: «Alle andern arbeiten doch auch nebenbei, das weiss jeder u2013 warum muss nur ich dafür büssen?» (Weltwoche vom 4.5.2005).
AN DIE SÄCKE!
Teil 3
Eine Haushalthilfe muss her
Bisweilen steigen die Ansprüche ins Unermessliche, wie ein Fall aus Zürich zeigt. Amir Zaki* meldete sich am 21. Oktober 2002 bei der Fürsorge, weil er völlig überschuldet sei. Wenige Tage später sind die dringendsten Rechnungen über 6504 Franken beglichen. Das Problem: Der 54-jährige gebürtige Pakistaner mit Schweizer Pass hatte eine 17 Jahre jüngere Frau geheiratet und mit ihr sofort vier Kinder gezeugt (Begründung gemäss Fürsorgefiche: «Es sei ihm eben darum gegangen, einen Sohn zu zeugen»). Und jetzt kann er ihre Ansprüche nicht befriedigen. Die Arbeitslosenrente von monatlich Fr. 5944.45 reiche nicht zum Leben, zudem sei «seine Frau total überfordert mit den 4 Kindern», rapportiert der Sozialarbeiter.
Daher, so erzählt Zaki seinem Betreuer, brauche seine junge Ehefrau unbedingt eine Haushaltshilfe, wie er früher schon eine hatte, damit sie sich um die Erziehung kümmern könne. Am besten ein Au-pair aus Pakistan. Denn seine Frau verstehe kein Wort Deutsch. Eine Sozialpädagogin nimmt sich des Falles an, schliesslich bewilligt das Sozialamt eine Erziehungshilfe. Das entpuppt sich als Missverständnis: Frau Zaki besteht auf einem Dienstmädchen, und zwar einem, das auch ihre Sprache versteht. Eine Erzieherin will sie nicht. Weil die Sozialbehörde auf diesen Wunsch zunächst nicht eingeht, ergreifen Zakis andere Massnahmen: Im Juli 2003 taucht der Vater mit seinen vier heulenden Kleinkindern im Büro seines Sozialarbeiters auf. Dieser notiert: «Ich frage ihn, was das solle und warum er mit Kind und Kegel hier erscheine. Er meinte, das habe er extra gemacht, damit ich sehe, in was für einer Situation sie seien». Das wirkt. Mit Unterstützung des Sozialamtes stellt Zaki wenig später bei der Fremdenpolizei den Antrag, die gewünschte Haushaltshilfe aus Pakistan einfliegen zu lassen. Ein Hilfswerk ist bereit, die Reisekosten zu übernehmen. Aus den Aktennotizen gibt es indes keine Hinweise darauf, dass das Dienstmädchen je in Zürich angekommen ist. Wenig später reist Frau Zaki mit ihren Kindern ferienhalber in ihre Heimat.
Auch Amir Zaki weilt öfter im Ausland. So notiert der Sozialarbeiter am 28. März 2006: «Ehefrau kann/will am Telefon nichts verstehen. Nach langem Hin und Her erfahren wir, dass der Ehemann wieder in Pakistan ist. Dieser ruft später an, sein Vater sei gerade gestorben, er müsse noch ungefähr zehn Tage bleiben.» Das Monatsbudget der Familie Zaki beläuft sich zurzeit auf 9121 Franken und 70 Rappen u2013 Kinderbetreuung und IV-Rente inklusive, die er mittlerweile bezieht. Total wurde die pakistanisch-schweizerische Familie in den letzten vier Jahren mit 421735 Franken Steuergeldern unterstützt. Ein Ende ist nicht absehbar.
Eigentlich rief Zakis Betreuer im März 2003 bloss an, weil er der Mietrechnung entnommen hatte, dass Zaki auch einen Parkplatz gemietet hatte. «Herr Z. sagte, es sei das Auto seines Kollegen», hielt der Sozialarbeiter fest und liess den Mietvertrag stornieren. Das ist aber keineswegs selbstverständlich. Denn die Frage, ob ein Auto zu den Grundbedürfnissen eines Menschen gehöre, ist umstritten. «Ein heikles Thema», sagt etwa der Zürcher Sozialarbeiter Fred Meier* der Weltwoche, «in der Regel schauen wir einfach weg, wenn es nicht gerade ein Porsche ist.» Auf unsere Bitte hin durchforstete er hundert Dossiers und stellte fest: Mindestens 17 Prozent seiner Klienten besitzen eine Parkkarte, also auch ein Auto.
Eine Zürcher Sozialarbeiterin, die anonym bleiben möchte, kann ein «gewisses Verständnis» für Fürsorgebezüger, die ein Auto besitzen, aufbringen, obwohl sie selber als «Grüne» auf einen Wagen verzichte. Das liege in der Eigenverantwortung des Klienten, meint sie, sofern der Wert seines Vehikels den gesetzlichen Vermögensfreibetrag von 4000 Franken nicht übersteige. «Gerade bei Menschen mit Migrationshintergrund ist das Auto halt oft wichtig für das Selbstwertgefühl.» Sie kenne auch «Klienten», die regelmässig nach Deutschland fahren, um günstiger einzukaufen, was sich für eine Grossfamilie schnell lohne. Oft würden die Autos über Verwandte eingelöst, so dass das Sozialamt erst davon erfährt, wenn etwa ein Unfall passiert. Als problematisch erachtet sie jene Fälle, in denen IV-Rentner trotz ihrer Gebrechen Auto fahren oder wo teure Leasingraten auf dem Familienbudget lasten.
Mit dem Porsche auf die Fürsorge
Allerdings gab es auch schon Fürsorgebezüger, die mit dem Porsche aufkreuzten. Der in Fribourg ansässige A.X. aus Serbien-Montenegro hatte bereits mehrere Fahrzeuge auf seinen Namen immatrikuliert, als am 2. April 2004 ein Porsche dazukam. Die Sozialbehörde erfuhr davon und kürzte seine Rente auf das Minimum; A.X. rekurrierte dagegen und machte geltend, der Sportwagen gehöre seinem Vater. Das Freiburger Verwaltungsgericht hiess am 14. Dezember 2005 die Einsprache gegen den Kürzungsentscheid teilweise gut. Immerhin stellte das Bundesgericht am 1. Juni 2006 fest: Die Fürsorgerente wurde zu Recht gekürzt, denn A.X. hatte sich geweigert, die Nummernschilder nach Bekanntwerden des Falles abzugeben, und damit seine Mitwirkungspflicht verletzt (BG Urteil 2.P 16/2006).
Dieser Fall verdeutlicht ein grundsätzliches Problem: Jeder Kürzungsentscheid, selbst wenn es um minimale Beträge geht, kann angefochten werden. Im Zweifelsfall entscheiden Sozialarbeiter, die die rasante Zunahme der Fälle in den letzten Jahren ohnehin kaum noch bewältigen, zugunsten ihrer Klienten. «Ich verteile jeden Monat mehrere hunderttausend Franken», sagt Sozialarbeiter Meier, «da fällt ein Hunderter mehr oder weniger nicht ins Gewicht, wenn ich mir dafür viel Ärger ersparen kann.» Und es gebe Klienten, die ziemlich aggressiv fordern. Doch all die kleinen Beträge summieren sich. Es ist ein Teufelskreis: Je mehr Fälle es gibt, desto weniger Kontrolle ist möglich, desto mehr Fälle kommen hinzu, desto weniger Kontrolle.
Gemäss Fred Meier sind rund ein Drittel seiner Dossiers «Administrativ-Fälle» u2013 worunter das Sozialamt versteht: Man hat sich damit abgefunden, dass die Leute langfristig nicht für sich selber aufkommen, und lädt sie lediglich ein- bis zweimal pro Jahr zu einer halbstündigen Besprechung ein. Wie gross der Anteil der Fürsorgebezüger ist, die nebenbei schwarzarbeiten, weiss kein Mensch. Die Dunkelziffern, welche die Skos nennt, sind unseriös, weil nirgendwo in der Schweiz je systematische Kontrollen durchgeführt worden sind. Der Fall Armin S., den die Weltwoche im vergangenen Frühling publik gemacht hat, zeigt, wie einfach es geht. Jahrelang betreute der Aussteiger in Spanien auf Kosten des Zürcher Sozialamtes Zöglinge u2013 und bezog nebenbei auch noch eine Fürsorgerente vom selben Amt. Die Publizität um den «Spanienfall» führte dazu, dass Monika Stocker halbherzig dazu einwilligte, drei Sozialinspektoren einzustellen u2013 was sie wenige Wochen zuvor noch vehement bekämpft hatte. Verdeckte Ermittlungen kommen für Stocker nach wie vor nicht in Frage.
Das Risiko, ertappt zu werden, ist für Sozialbetrüger gering. Selbst wenn sie zufällig auffliegen, geschieht ihnen nicht viel. Der Fall eines 48-jährigen Nordafrikaners, der gemäss unseren Recherchen beim Zürcher Bezirksrat hängig ist, illustriert dies gut. Der Mann lebt seit zwei Jahren mit seiner sechsköpfigen Familie von der Zürcher Fürsorge. Als Geschäftsführer einer internationalen muslimischen Organisation wies er dem Sozialamt einen Arbeitsvertrag vor, gemäss dem er für einen Vollzeitjob monatlich netto Fr. 2429.40 erhielt. Damit hatte er zusätzlich zur Fürsorgerente Anrecht auf einen Anreiz-Bonus von 600 Franken, ausserdem musste er nun keine andere Stelle mehr suchen. Indirekt finanzierte das Sozialamt damit die islamische Organisation. Unterdessen kam jedoch der Verdacht auf, dass der Nordafrikaner mit gefälschten Verträgen operierte. Sogar den angeblichen Koranunterricht seiner Kinder, den er in Tat und Wahrheit selber erteilt hatte, hatte er sich von der Fürsorgebehörde extra bezahlen lassen. Diese hat nun Strafanzeige wegen Betrugs eingereicht. Doch viel hat der Mann nicht zu befürchten: Im schlimmsten Fall «muss» er 81353 Franken Betrugsertrag zurückzahlen, die er nicht hat u2013 und die «Nothilfe» darf ihm nicht verweigert werden.
Gemäss Sozialarbeiter Meier wächst «an der Front» die Zahl der Sozialarbeiter, denen es reicht. Das merke man an zynischen Sprüchen, wie sie vor ein paar Jahren in diesem Milieu noch undenkbar gewesen seien. Zunehmend mache sich auch der Einfluss von Sozialarbeitern bemerkbar, die selbst Secondos sind. Im Gegensatz zu den Schweizern haben sie keine falschen Hemmungen und beurteilen ihre Landsleute oft kritischer. Doch öffentlich äussern mag sich selten einer. Kritik wird schnell als Attacke gegen die Institution Fürsorge an sich aufgefasst.
Annemarie Lanker, Sozialdemokratin und Leiterin des Sozialdienstes der Stadt Bern, gehört zu den seltenen Ausnahmen in der Branche, die auch in der Öffentlichkeit Klartext sprechen. «Unser System ist extrem ungerecht geworden», konstatiert sie, «einfache Leute, die sich selber durchschlagen, und die untere Mittelschicht sind die Gelackmeierten.» Zu leicht, so ihre Erfahrung, kommen Menschen an eine viel zu hohe Fürsorgerente heran, zu schwierig ist es, wieder davon loszukommen. Es wäre an der Zeit, «offen und ehrlich darüber zu diskutieren, wo das Existenzminimum liegt». Das forderte die Bernerin auch schon öffentlich am Fernsehen u2013 und wurde danach gemassregelt.
Eine Haushalthilfe muss her
Bisweilen steigen die Ansprüche ins Unermessliche, wie ein Fall aus Zürich zeigt. Amir Zaki* meldete sich am 21. Oktober 2002 bei der Fürsorge, weil er völlig überschuldet sei. Wenige Tage später sind die dringendsten Rechnungen über 6504 Franken beglichen. Das Problem: Der 54-jährige gebürtige Pakistaner mit Schweizer Pass hatte eine 17 Jahre jüngere Frau geheiratet und mit ihr sofort vier Kinder gezeugt (Begründung gemäss Fürsorgefiche: «Es sei ihm eben darum gegangen, einen Sohn zu zeugen»). Und jetzt kann er ihre Ansprüche nicht befriedigen. Die Arbeitslosenrente von monatlich Fr. 5944.45 reiche nicht zum Leben, zudem sei «seine Frau total überfordert mit den 4 Kindern», rapportiert der Sozialarbeiter.
Daher, so erzählt Zaki seinem Betreuer, brauche seine junge Ehefrau unbedingt eine Haushaltshilfe, wie er früher schon eine hatte, damit sie sich um die Erziehung kümmern könne. Am besten ein Au-pair aus Pakistan. Denn seine Frau verstehe kein Wort Deutsch. Eine Sozialpädagogin nimmt sich des Falles an, schliesslich bewilligt das Sozialamt eine Erziehungshilfe. Das entpuppt sich als Missverständnis: Frau Zaki besteht auf einem Dienstmädchen, und zwar einem, das auch ihre Sprache versteht. Eine Erzieherin will sie nicht. Weil die Sozialbehörde auf diesen Wunsch zunächst nicht eingeht, ergreifen Zakis andere Massnahmen: Im Juli 2003 taucht der Vater mit seinen vier heulenden Kleinkindern im Büro seines Sozialarbeiters auf. Dieser notiert: «Ich frage ihn, was das solle und warum er mit Kind und Kegel hier erscheine. Er meinte, das habe er extra gemacht, damit ich sehe, in was für einer Situation sie seien». Das wirkt. Mit Unterstützung des Sozialamtes stellt Zaki wenig später bei der Fremdenpolizei den Antrag, die gewünschte Haushaltshilfe aus Pakistan einfliegen zu lassen. Ein Hilfswerk ist bereit, die Reisekosten zu übernehmen. Aus den Aktennotizen gibt es indes keine Hinweise darauf, dass das Dienstmädchen je in Zürich angekommen ist. Wenig später reist Frau Zaki mit ihren Kindern ferienhalber in ihre Heimat.
Auch Amir Zaki weilt öfter im Ausland. So notiert der Sozialarbeiter am 28. März 2006: «Ehefrau kann/will am Telefon nichts verstehen. Nach langem Hin und Her erfahren wir, dass der Ehemann wieder in Pakistan ist. Dieser ruft später an, sein Vater sei gerade gestorben, er müsse noch ungefähr zehn Tage bleiben.» Das Monatsbudget der Familie Zaki beläuft sich zurzeit auf 9121 Franken und 70 Rappen u2013 Kinderbetreuung und IV-Rente inklusive, die er mittlerweile bezieht. Total wurde die pakistanisch-schweizerische Familie in den letzten vier Jahren mit 421735 Franken Steuergeldern unterstützt. Ein Ende ist nicht absehbar.
Eigentlich rief Zakis Betreuer im März 2003 bloss an, weil er der Mietrechnung entnommen hatte, dass Zaki auch einen Parkplatz gemietet hatte. «Herr Z. sagte, es sei das Auto seines Kollegen», hielt der Sozialarbeiter fest und liess den Mietvertrag stornieren. Das ist aber keineswegs selbstverständlich. Denn die Frage, ob ein Auto zu den Grundbedürfnissen eines Menschen gehöre, ist umstritten. «Ein heikles Thema», sagt etwa der Zürcher Sozialarbeiter Fred Meier* der Weltwoche, «in der Regel schauen wir einfach weg, wenn es nicht gerade ein Porsche ist.» Auf unsere Bitte hin durchforstete er hundert Dossiers und stellte fest: Mindestens 17 Prozent seiner Klienten besitzen eine Parkkarte, also auch ein Auto.
Eine Zürcher Sozialarbeiterin, die anonym bleiben möchte, kann ein «gewisses Verständnis» für Fürsorgebezüger, die ein Auto besitzen, aufbringen, obwohl sie selber als «Grüne» auf einen Wagen verzichte. Das liege in der Eigenverantwortung des Klienten, meint sie, sofern der Wert seines Vehikels den gesetzlichen Vermögensfreibetrag von 4000 Franken nicht übersteige. «Gerade bei Menschen mit Migrationshintergrund ist das Auto halt oft wichtig für das Selbstwertgefühl.» Sie kenne auch «Klienten», die regelmässig nach Deutschland fahren, um günstiger einzukaufen, was sich für eine Grossfamilie schnell lohne. Oft würden die Autos über Verwandte eingelöst, so dass das Sozialamt erst davon erfährt, wenn etwa ein Unfall passiert. Als problematisch erachtet sie jene Fälle, in denen IV-Rentner trotz ihrer Gebrechen Auto fahren oder wo teure Leasingraten auf dem Familienbudget lasten.
Mit dem Porsche auf die Fürsorge
Allerdings gab es auch schon Fürsorgebezüger, die mit dem Porsche aufkreuzten. Der in Fribourg ansässige A.X. aus Serbien-Montenegro hatte bereits mehrere Fahrzeuge auf seinen Namen immatrikuliert, als am 2. April 2004 ein Porsche dazukam. Die Sozialbehörde erfuhr davon und kürzte seine Rente auf das Minimum; A.X. rekurrierte dagegen und machte geltend, der Sportwagen gehöre seinem Vater. Das Freiburger Verwaltungsgericht hiess am 14. Dezember 2005 die Einsprache gegen den Kürzungsentscheid teilweise gut. Immerhin stellte das Bundesgericht am 1. Juni 2006 fest: Die Fürsorgerente wurde zu Recht gekürzt, denn A.X. hatte sich geweigert, die Nummernschilder nach Bekanntwerden des Falles abzugeben, und damit seine Mitwirkungspflicht verletzt (BG Urteil 2.P 16/2006).
Dieser Fall verdeutlicht ein grundsätzliches Problem: Jeder Kürzungsentscheid, selbst wenn es um minimale Beträge geht, kann angefochten werden. Im Zweifelsfall entscheiden Sozialarbeiter, die die rasante Zunahme der Fälle in den letzten Jahren ohnehin kaum noch bewältigen, zugunsten ihrer Klienten. «Ich verteile jeden Monat mehrere hunderttausend Franken», sagt Sozialarbeiter Meier, «da fällt ein Hunderter mehr oder weniger nicht ins Gewicht, wenn ich mir dafür viel Ärger ersparen kann.» Und es gebe Klienten, die ziemlich aggressiv fordern. Doch all die kleinen Beträge summieren sich. Es ist ein Teufelskreis: Je mehr Fälle es gibt, desto weniger Kontrolle ist möglich, desto mehr Fälle kommen hinzu, desto weniger Kontrolle.
Gemäss Fred Meier sind rund ein Drittel seiner Dossiers «Administrativ-Fälle» u2013 worunter das Sozialamt versteht: Man hat sich damit abgefunden, dass die Leute langfristig nicht für sich selber aufkommen, und lädt sie lediglich ein- bis zweimal pro Jahr zu einer halbstündigen Besprechung ein. Wie gross der Anteil der Fürsorgebezüger ist, die nebenbei schwarzarbeiten, weiss kein Mensch. Die Dunkelziffern, welche die Skos nennt, sind unseriös, weil nirgendwo in der Schweiz je systematische Kontrollen durchgeführt worden sind. Der Fall Armin S., den die Weltwoche im vergangenen Frühling publik gemacht hat, zeigt, wie einfach es geht. Jahrelang betreute der Aussteiger in Spanien auf Kosten des Zürcher Sozialamtes Zöglinge u2013 und bezog nebenbei auch noch eine Fürsorgerente vom selben Amt. Die Publizität um den «Spanienfall» führte dazu, dass Monika Stocker halbherzig dazu einwilligte, drei Sozialinspektoren einzustellen u2013 was sie wenige Wochen zuvor noch vehement bekämpft hatte. Verdeckte Ermittlungen kommen für Stocker nach wie vor nicht in Frage.
Das Risiko, ertappt zu werden, ist für Sozialbetrüger gering. Selbst wenn sie zufällig auffliegen, geschieht ihnen nicht viel. Der Fall eines 48-jährigen Nordafrikaners, der gemäss unseren Recherchen beim Zürcher Bezirksrat hängig ist, illustriert dies gut. Der Mann lebt seit zwei Jahren mit seiner sechsköpfigen Familie von der Zürcher Fürsorge. Als Geschäftsführer einer internationalen muslimischen Organisation wies er dem Sozialamt einen Arbeitsvertrag vor, gemäss dem er für einen Vollzeitjob monatlich netto Fr. 2429.40 erhielt. Damit hatte er zusätzlich zur Fürsorgerente Anrecht auf einen Anreiz-Bonus von 600 Franken, ausserdem musste er nun keine andere Stelle mehr suchen. Indirekt finanzierte das Sozialamt damit die islamische Organisation. Unterdessen kam jedoch der Verdacht auf, dass der Nordafrikaner mit gefälschten Verträgen operierte. Sogar den angeblichen Koranunterricht seiner Kinder, den er in Tat und Wahrheit selber erteilt hatte, hatte er sich von der Fürsorgebehörde extra bezahlen lassen. Diese hat nun Strafanzeige wegen Betrugs eingereicht. Doch viel hat der Mann nicht zu befürchten: Im schlimmsten Fall «muss» er 81353 Franken Betrugsertrag zurückzahlen, die er nicht hat u2013 und die «Nothilfe» darf ihm nicht verweigert werden.
Gemäss Sozialarbeiter Meier wächst «an der Front» die Zahl der Sozialarbeiter, denen es reicht. Das merke man an zynischen Sprüchen, wie sie vor ein paar Jahren in diesem Milieu noch undenkbar gewesen seien. Zunehmend mache sich auch der Einfluss von Sozialarbeitern bemerkbar, die selbst Secondos sind. Im Gegensatz zu den Schweizern haben sie keine falschen Hemmungen und beurteilen ihre Landsleute oft kritischer. Doch öffentlich äussern mag sich selten einer. Kritik wird schnell als Attacke gegen die Institution Fürsorge an sich aufgefasst.
Annemarie Lanker, Sozialdemokratin und Leiterin des Sozialdienstes der Stadt Bern, gehört zu den seltenen Ausnahmen in der Branche, die auch in der Öffentlichkeit Klartext sprechen. «Unser System ist extrem ungerecht geworden», konstatiert sie, «einfache Leute, die sich selber durchschlagen, und die untere Mittelschicht sind die Gelackmeierten.» Zu leicht, so ihre Erfahrung, kommen Menschen an eine viel zu hohe Fürsorgerente heran, zu schwierig ist es, wieder davon loszukommen. Es wäre an der Zeit, «offen und ehrlich darüber zu diskutieren, wo das Existenzminimum liegt». Das forderte die Bernerin auch schon öffentlich am Fernsehen u2013 und wurde danach gemassregelt.
AN DIE SÄCKE!
Teil 4
Ökonomie für Gaukler
Weniger selbstkritisch tönt es dagegen aus dem Zürcher Sozialamt, wo Monika Stocker kurz vor Weihnachten das neue Motto verkündete: «Sozialhilfe rentiert!» Dabei stützte sie sich auf eine Studie, die sie bei ihrer linken Gesinnungsgenossin Heidi Stutz vom Berner «Büro Bass» für 200000 Franken bestellt hatte. Von jedem in die Sozialhilfe «investierten» Franken, so schrieb Stutz, flössen 49 Rappen in die Wirtschaft zurück. Damit würden Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen und erhalten. Fachlich wurde die Studie von den Ökonomen Kurt Schiltknecht und Silvio Borner zerpflückt. Politisch aber ist sie umso beachtenswerter: Indirekt offenbarte Monika Stocker damit, dass die Fürsorgekosten nicht einfach aus dem Ruder gelaufen sind, sondern dass sie dies geradezu begrüsst: als Beitrag zur Ankurbelung der Schweizer Wirtschaft. Entlarvend ist vor allem ein Punkt. Ohne Fürsorge, so ist auf Seite 39 der Kurzfassung der Studie unter dem Titel «Lohndruck auf den Arbeitsmarkt» zu lesen, «gerieten die Arbeitnehmenden unter einen Druck, jede Arbeit zu allen Bedingungen anzunehmen». Das sei gut, weil Arbeitgeber jene Leute, die keine volle Leistung bringen, dank der Fürsorge leichter entlassen könnten. «Für die ArbeitnehmerInnen jedoch funktioniert vor allem das Sozialhilfeniveau als implizite Lohnuntergrenze.» Mit andern Worten: Ab einem gewissen Lohnniveau können die Leute frei wählen zwischen Arbeit und Staatsrente. Und beiläufig wurde eine Art Mindestlohn eingeführt.
Vom protestantischen Arbeitsethos redet Monika Stocker schon lange nicht mehr. An der Herbstkonferenz der «Städteinitiative Sozialpolitik» sagte die Zürcher Sozialvorsteherin: «Sozialhilfe, ursprünglich gedacht als individuelle subsidiäre temporäre Hilfe, wird zum zurzeit einzigen strukturell verlässlichen Faktor einer garantierten Grundsicherung.» Hinter der komplizierten Formulierung verbirgt sich eine klare Aussage: Unter dem Deckmantel der Existenzsicherung wurde die Sozialhilfe von einem System zur Überbrückung von Notfällen zu einer Art Volksrente umgebaut. Diese milliardenteure Umverteilungsaktion wurde nie offen diskutiert oder gar beschlossen u2013 nicht vom Parlament, geschweige denn von den Stimmbürgern.
* Namen geändert
http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetI ... egoryID=91
Ökonomie für Gaukler
Weniger selbstkritisch tönt es dagegen aus dem Zürcher Sozialamt, wo Monika Stocker kurz vor Weihnachten das neue Motto verkündete: «Sozialhilfe rentiert!» Dabei stützte sie sich auf eine Studie, die sie bei ihrer linken Gesinnungsgenossin Heidi Stutz vom Berner «Büro Bass» für 200000 Franken bestellt hatte. Von jedem in die Sozialhilfe «investierten» Franken, so schrieb Stutz, flössen 49 Rappen in die Wirtschaft zurück. Damit würden Tausende von Arbeitsplätzen geschaffen und erhalten. Fachlich wurde die Studie von den Ökonomen Kurt Schiltknecht und Silvio Borner zerpflückt. Politisch aber ist sie umso beachtenswerter: Indirekt offenbarte Monika Stocker damit, dass die Fürsorgekosten nicht einfach aus dem Ruder gelaufen sind, sondern dass sie dies geradezu begrüsst: als Beitrag zur Ankurbelung der Schweizer Wirtschaft. Entlarvend ist vor allem ein Punkt. Ohne Fürsorge, so ist auf Seite 39 der Kurzfassung der Studie unter dem Titel «Lohndruck auf den Arbeitsmarkt» zu lesen, «gerieten die Arbeitnehmenden unter einen Druck, jede Arbeit zu allen Bedingungen anzunehmen». Das sei gut, weil Arbeitgeber jene Leute, die keine volle Leistung bringen, dank der Fürsorge leichter entlassen könnten. «Für die ArbeitnehmerInnen jedoch funktioniert vor allem das Sozialhilfeniveau als implizite Lohnuntergrenze.» Mit andern Worten: Ab einem gewissen Lohnniveau können die Leute frei wählen zwischen Arbeit und Staatsrente. Und beiläufig wurde eine Art Mindestlohn eingeführt.
Vom protestantischen Arbeitsethos redet Monika Stocker schon lange nicht mehr. An der Herbstkonferenz der «Städteinitiative Sozialpolitik» sagte die Zürcher Sozialvorsteherin: «Sozialhilfe, ursprünglich gedacht als individuelle subsidiäre temporäre Hilfe, wird zum zurzeit einzigen strukturell verlässlichen Faktor einer garantierten Grundsicherung.» Hinter der komplizierten Formulierung verbirgt sich eine klare Aussage: Unter dem Deckmantel der Existenzsicherung wurde die Sozialhilfe von einem System zur Überbrückung von Notfällen zu einer Art Volksrente umgebaut. Diese milliardenteure Umverteilungsaktion wurde nie offen diskutiert oder gar beschlossen u2013 nicht vom Parlament, geschweige denn von den Stimmbürgern.
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oder goht's drum, d'Sozialhilf ah z'prangere?
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Wie au immer - S'Wasser zum 1000x heiss ufkocht, und heisser wird's immer noni.
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Absolut tödlich für's System, dass Sozialhilf därmasse ad absurdum ka gfiehrt wärde. Weder "Sozial" no "Hilf", und e Schlag ins Gsicht vo jedem/jedere, wo die Hilf wirklig brucht, und sich mit däre Hilf wieder uf eigeni Bei stellt, und genauso e Schlag ins Gsicht für jedi aständigi Familie (grad mit ville Kinder giz do sicher au überdurchschnittlig vill 'usländischi' Familie) wo durch Arbet und Eigeleischtig mit weniger muess uskoh!!


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Die Frage ist nicht, ob hier zu irgendetwas Stimmung gemacht wird, sondern ob die Zahlen und Fälle zutreffen.|{i||er hat geschrieben:Isch das e wiitere Versuech, bits Stimmig ... z'mache...
"Manager kassieren ab." ist auch Stimmungsmache. Und gleichwohl kann man sich ernsthaft fragen, ob die hohen Managerbezüge nicht einem falschen System geschuldet und überhaupt sozial ungerecht sind.
Der kleine, aber feine, Unterschied ist vielleicht, dass ein Manager nicht den Steuerzahler ausnimmt, sondern sich ( zurecht oder zu unrecht) aus einer privaten Kasse bedient. Dies zu kontrollieren ist Sache des Aktionärs.Echo hat geschrieben:Die Frage ist nicht, ob hier zu irgendetwas Stimmung gemacht wird, sondern ob die Zahlen und Fälle zutreffen.
"Manager kassieren ab." ist auch Stimmungsmache. Und gleichwohl kann man sich ernsthaft fragen, ob die hohen Managerbezüge nicht einem falschen System geschuldet und überhaupt sozial ungerecht sind.
Bei vom Steuerzahler berappten, erschlichenen, öffentlichen Fürsorgeleistungen liegt die Kontrolle und Abwehr jedoch bei den Staatsorganen, resp "läge", denn eine Kontrolle findet offensichtlich zuwenig statt.
Es ist müssig, permanent Äpfel mit Birnen vergleichen zu wollen.
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FCB, la raison d'être!
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isch ganz aifach, liis was zoberscht stoot: wältwuche, denn kasch dr räscht vo dären svp-waaljoor-polemik erspaare.|{i||er hat geschrieben:Isch das e wiitere Versuech, bits Stimmig gege Usländer in dr Schwiiz z'mache, oder goht's drum, d'Sozialhilf ah z'prangere?
Wieso wird do nur uf Usländischi Fäll higwisse? S'git sicher au X-Biispiel mit CH-er wo unsere Soziale Apparat usnähme...
Wie au immer - S'Wasser zum 1000x heiss ufkocht, und heisser wird's immer noni.
birdy-num-num!
So Sachen gehen einfach nicht!!darunter fallen unzählige Leistungen, die das Sozialamt bezahlt: sämtliche Selbstbehalte der Krankenkasse sowie die Kosten für Zahnbehandlungen. Ebenso Abonnemente für öffentliche Verkehrsmittel, Schulbücher, Nachhilfeunterricht, aber auch Autofahrstunden, ja Musikunterricht oder der Koranunterricht. Engagiert sich ein Sozialhilfeempfänger in einem Verein, zahlt die Stadt den Vereinsbeitrag, fährt eine Familie in die Ferien, werden auch diese Kosten vom Sozialamt übernommen.
U-Abo und Nachhilfe kann ich noch nachvollziehen. Aber AUTOFAHRSTUNDEN?!? Bitte wie?!kopfwee hat geschrieben:genau, sölle sy doch schwarzfaaren und dumm und blööd blyybe!
Betr. Topic: Es sinn nitt nur Ussländer wo bi dr Sozialhilf schmarotze, es gitt au CH-Familie. Und ich finds bi beidne drnäbe.
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Stimmungsmache bleibt in beiden Fällen die Gleiche.Mätzli hat geschrieben:Der kleine, aber feine, Unterschied ist vielleicht, dass ein Manager nicht den Steuerzahler ausnimmt, sondern sich ( zurecht oder zu unrecht) aus einer privaten Kasse bedient. Dies zu kontrollieren ist Sache des Aktionärs.
Bei vom Steuerzahler berappten, erschlichenen, öffentlichen Fürsorgeleistungen liegt die Kontrolle und Abwehr jedoch bei den Staatsorganen, resp "läge", denn eine Kontrolle findet offensichtlich zuwenig statt.
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ob du nun versuchst, mit medialer polemik stimmung gegen "böse manager" oder gegen "böse sozialschmarotzer" zu mache ist ja wohl hans was heiri...Zemdil hat geschrieben:okay, du hesch jo hütt Geburtstag.
Drum loss ich di für ei moll in Rueh und zünd di nid fuul aa ...![]()
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Leistungen sollten radikal gekürzt, Missbrauch viel schwerer bestraft werden.
(CH-Bürger: Lange Zuchthausstrafe, Ausländer: sofortiger Landesverweis).
Auf der anderen Seite sollte aber auch jeder uneingeschränkt arbeiten dürfen, egal ob B, C, D oder was auch immer für eine Aufenthaltsbewilligung vorliegt.
(CH-Bürger: Lange Zuchthausstrafe, Ausländer: sofortiger Landesverweis).
Auf der anderen Seite sollte aber auch jeder uneingeschränkt arbeiten dürfen, egal ob B, C, D oder was auch immer für eine Aufenthaltsbewilligung vorliegt.
Aha, das wäre die Sache der Aktionäre. Dann ist ja alles gut...Mätzli hat geschrieben:Der kleine, aber feine, Unterschied ist vielleicht, dass ein Manager nicht den Steuerzahler ausnimmt, sondern sich ( zurecht oder zu unrecht) aus einer privaten Kasse bedient. Dies zu kontrollieren ist Sache des Aktionärs.
Bei vom Steuerzahler berappten, erschlichenen, öffentlichen Fürsorgeleistungen liegt die Kontrolle und Abwehr jedoch bei den Staatsorganen, resp "läge", denn eine Kontrolle findet offensichtlich zuwenig statt.
Es ist müssig, permanent Äpfel mit Birnen vergleichen zu wollen.
Dachte immer der Verwaltungsrat bestimmt die Saläre des Topkaders, blöd einfach, dass bei gewissen Firmen das Topkader zum Teil im Verwaltungsrat sitzt.
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Hätte ich nicht derart hohe Fixkosten, Verantwortung und Verpflichtungen, ich würde es genau gleich machen wie Ferad Skalonic. Er wurde vom Staat fürs zu schnell fahren gevögelt und zahlt es nun mit doppelter Münze an den Absender zurück.
Ich finde, Ferad Skalonic ist ein moderner Held, welcher sich nicht von Bullen, Ämtern und anderswertigen Institutionen verarschen und in die Ecke drängen lässt. Wenn er schlau ist, holt er sich noch schnell die IV und geniesst sein erfülltes Leben mit den Kindern.
Ich finde, Ferad Skalonic ist ein moderner Held, welcher sich nicht von Bullen, Ämtern und anderswertigen Institutionen verarschen und in die Ecke drängen lässt. Wenn er schlau ist, holt er sich noch schnell die IV und geniesst sein erfülltes Leben mit den Kindern.
In Principio erat Verbum et Verbum erat apud Deum et Deus erat Verbum.
sodeli, y ha mrs aadoo und dr ganz ardiggel glääsen und muess my urdail revidiere s isch kai svp-waaljoor-polemik sondern en unussgwoogeni rächzpopulistischi gekwirllti schyssi. und y wird in zuekumpft numme no mit em stinggefinger uff dä zytigstitel zaige!sesap hat geschrieben:ganz schön bequem, wenn man mit dem finger auf den zeitungstitel zeigt, um sich nicht mit dem inhalt nicht auseinandersetzen zu müssen...![]()
birdy-num-num!
Ich gratuliere zu deinem Niveau.kopfwee hat geschrieben:sodeli, y ha mrs aadoo und dr ganz ardiggel glääsen und muess my urdail revidiere s isch kai svp-waaljoor-polemik sondern en unussgwoogeni rächzpopulistischi gekwirllti schyssi. und y wird in zuekumpft numme no mit em stinggefinger uff dä zytigstitel zaige!
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