Bern (AP) «Die Schweiz wählt eine neue Hauptstadt.» So jedenfalls
steht es seit Jahresbeginn auf Plakaten, denen mit den Wappen der
Schweiz und mehrerer Kantone ein offizieller Anstrich verliehen
wird. Trotz einigem Stirnrunzeln reagiert man im Bundeshaus vorerst
mit feiner Ironie auf den Werbegag.
Die Plakatgesellschaft APG hüllt sich über die Ziele der Aktion
vorerst in Schweigen. Auf den Plakaten sind unter dem Wappen der
Eidgenossenschaft jene der Kantone Zürich, Bern, Basel-Stadt und
Genf abgebildet. Und über eine Internet-Adresse erfährt man, dass
noch bis zum 14. Januar eine neue Hauptstadt für 50 Rappen pro SMS
gewählt werden kann.
Obwohl der Bundesrat erst kürzlich Pläne vorgelegt hat, mit denen
das Schweizerkreuz besser vor Missbrauch geschützt werden soll,
will er die APG offenbar nicht mit juristischen Mitteln stoppen.
«Die Bundeskanzlei empfiehlt den Bundesangestellten, die Wahl einer
neuen Hauptstadt zu boykottieren», sagte Bundesratssprecher Oswald
Sigg am Freitag auf die Frage, ob diese Plakate nicht illegal
seien. «Bern ist und bleibt Bundesstadt», fügte der Vizekanzler
hinzu und stellte damit auch gleich richtig, dass die Schweiz gar
keine Hauptstadt hat.
Weder der Bundesrat noch die Bundesversammlung beabsichtigen
gemäss Sigg, Bern zu verlassen. «Flims und Lugano und Genf waren
Ausnahmen, welche diese Grundhaltung bestätigen.» Dem Bundesrat
gefalle es nicht nur in Bern. Er bezweifle auch, dass er anderswo
billiger wegkäme. Ein Umzug der Bundesverwaltung in eine andere
Stadt würde überdies allen Reformbestrebungen zuwiderlaufen. «Er
könnte angesichts der hohen Kosten weder budget- noch
staatsquotenneutral finanziert werden», versicherte Sigg und gab
der APG den «freundlichen Hinweis»: «Die Verwendung der Schweizer
und Kantonswappen zu Werbezwecken ist nicht statthaft.»
Unterdessen scheint die Plakatgesellschaft aber zahlungswillige
Stimmende zu finden. Im Internet werden jedenfalls «Live Resultate»
verkündet, gemäss denen am Freitagnachmittag Basel mit einer
Mehrheit von knapp 50 Prozent klar an der Spitze lag, vor Zürich
und Bern und dem abgeschlagenen Genf. Ob die Spitzenposition Basels
auch ein Hinweis auf die Urheber der Werbebotschaft ist, will man
bei der APG nicht verraten.
http://www.neue-hauptstatdt.ch