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ERSTMALS SEIT DEM VERLORENEN MEISTERSCHAFTSFINAL TRIFFT DER FCBASEL WIEDER AUF DEN FC ZÜRICH

Der Moment, der alles änderte. Iulian Filipescu schiesst denFCZ in der 93. Minute zum Titel - und den FCB vom Thron. Foto Keystone
FLORIANRAZ
Wenn der Leader aus Zürich am Sonntag in Basel gastiert (16.00, SF2 live), wirken beim FCB noch immer die folgenschweren Ereignisse vom 13. Mai nach.
Millimeter, Sekunden. Im Sport entscheiden sie über Sieger und Verlierer. Und manchmal über weit mehr. Da können ein paar Zentimeter, die ein Ball am Pfosten vorbeizischt, aus einem weissen Fleck auf der internationalen Fussballkarte einen Shootingstar in der Champions League machen. Wie am 28. August 2002, als Chris Suttons Ball in der 91. Minute nicht Celtic Glasgow glücklich machte, sondern den FC Basel. Und da lässt ein Augenblick in der Nachspielzeit aus einem selbstsicheren Club, der wieder einmal nach den Sternen der Königsklasse greifen wollte, ein Verein auf der Sinnsuche werden.
Der 13. Mai 2006. FCB-Trainer Christian Gross hat die Geschehnisse jenes Abends schon vor Wochen als verarbeitet erklärt. Eine Diktion, die viele Spieler vor dem Wiedersehen mit dem FC Zürich übernommen haben. Da spricht Reto Zanni davon, dass «nicht zurückgeschaut» werden dürfe. Daniel Majstorovic glaubt, dass «vor jedem grossen Match spezielle Gefühle» aufkommen, nicht nur vor diesem. Und Scott Chipperfield erwähnt die Neuzugänge: «Für die ist es sowieso einfach nur ein weiteres Spiel.»
Alles vergessen, alles wieder gut also? Sicher ist, dass der Verein noch immer die Folgen des 13. Mai spürt - die bis Anfang Oktober gesperrte Muttenzer Kurve ist nur augenfälligstes Merkmal. Da sind auch die 3,5 Millionen Franken an ausgefallenen Einnahmen wegen der Stadionsperren. Und es bleiben die zeitintensiven Gespräche mit jenem Teil der Supporter, der die neuen Sicherheitsmassnahmen des Vereins nicht akzeptieren mag.
energieverlust. Die Nachwehen der verlorenen Meisterschaft und die Aufarbeitung der Krawalle danach haben den FCB viel Energie gekostet. Energie, die in früheren Spielzeiten auch darauf verwendet werden konnte, die Mannschaft für die kommende Saison zu rüsten. Das Kader für die laufende Vorrunde dagegen ist erst jetzt komplett, vor Runde sieben. Was vom Club auch damit begründet wird, dass das Angebot auf dem Spielermarkt lange Zeit zu wenig hergegeben habe.
Immerhin steht das Team nun, mit dem der FCB seine bereits acht Punkte Rückstand auf den FCZ wettmachen will. Und Stürmer Mladen Petric ist überzeugt, dass «die Neuverpflichtungen der Mannschaft frischen Schub geben». Schub, den der FCB dringend nötig hat. Vor einem kapitalen Match gegen den FCZürich, in dem sich die Basler eine Niederlage nicht leisten können, weil sie sonst bereits elf Punkte hinter den Zürchern liegen würden.
Entgegengekommen ist Basel zudem die Pause, welche die Super League eingelegt hat. Das brachte Zeit für die Neuankömmlinge, sich besser einzufinden. Und es gab dem Rest der Mannschaft gemäss Majstorovic die Gelegenheit, nach dem 2:4 in Sion «den Fokus wieder einzustellen». Der FCZ-Match als Neustart in die bisher verkorkste Saison? Der Schwede glaubt das Team auf alle Fälle «auf dem richtigen Weg».
Mit dem 13. Mai mag sich Christian Gross öffentlich nicht mehr beschäftigen; seine Spieler sollen die negativen Erlebnisse aus ihren Köpfen verbannen. Ein «spezielles Spiel» sieht aber auch er auf sein Team zukommen: «Weil wir gegen den amtierenden Schweizer Meister antreten und weil wir Revanche nehmen wollen.»
besonnenheit. Es bleibt die einzige Aussage aus dem FCB-Umfeld, in der der Partie mehr Gewicht verliehen wird als einem sonstigen Ligaspiel. Brisanz birgt die Paarung auch so schon genügend. Einerseits auf Seiten der Fans, weil die Muttenzer Kurve leer bleiben muss, die FCZ-Anhänger jedoch ins Stadion dürfen. Glücklicherweise deuten alle Anzeichen darauf hin, dass die ausgesperrten Basler besonnen agieren werden.
Andererseits auf sportlicher Ebene: Entweder gelingt dem FC Basel am Sonntag die erhoffte Kehrtwende. Oder der Druck auf die Mannschaft wird unangenehme Ausmasse annehmen. Auf den Punkt gebracht wird die Situation von Mittelfeldspieler Zdravko Kuzmanovic: «Eigentlich ist es wie ein Meisterschaftsspiel.» Eigentlich. Höchstwahrscheinlich wird das FCZ-Spiel aber viel mehr sein.