Baron Zwingstein hat geschrieben:Aber um jetzt mal die ganze Thematik auf den Kern dieser verbalen Entgleisung zurückzuführen - würdet ihr Transen in der Regierung wollen?
Wann ist ein Mann ein Mann?
Soll ein Mann, der als Frau lebt, als Frau für den Nationalrat kandidieren können? Diese Frage muss nun der Regierungsrat entscheiden.
Von Corinna Hauri
Sie ist ein politisch aktiver Mensch. Man kennt sie als Esther Brunner. Seit drei Jahren lebt die Transsexuelle als Frau, doch biologisch gesehen ist sie noch für einige Wochen ein Mann. Den Frauennamen kann sie offiziell erst annehmen, wenn die Geschlechtsumwandlung vollzogen ist.
Brunner will als Frau auf der Liste der Zürcher Juso für den Nationalrat kandidieren. Die Stimmregisterzentrale der Stadt Zürich hat den Namen zuerst so beglaubigt, später nahm das Bevölkerungsamt der Stadt Zürich die Beglaubigung wieder zurück. Der Grund: Für offizielle Stellen hat Esther Brunner einen männlichen Vornamen. Auch im Stimmregister ist sie so aufgeführt. «Die Beglaubigung war ein Fehler», sagt Alfred Haller vom Bevölkerungsamt, «deshalb haben wir ihn sofort korrigiert, als wir ihn bemerkten.» Beglaubigen könne man nur, was im Stimmregister stehe. Haller betont: «Da haben wir keinen Ermessensspielraum.»
Esther Brunner hat gestern beim Regierungsrat einen Rekurs gegen diesen Entscheid eingereicht. Der Regierungsrat muss nun innert zehn Tagen entscheiden.
Der Fachmann würde es zulassen
«Ich kenne keinen ähnlichen Fall aus der Schweiz, nur einen aus Japan», sagt der Jurist Bernhard Rubin. Er schreibt eine Dissertation zum Thema Transsexualität. Dort konnte Aya Kamikawa diesen Frühling für das Tokioter Stadtparlament als Frau kandidieren, obwohl sie die Geschlechtsumwandlung noch nicht hinter sich hatte. Es gehe bei der Frage, ob Esther Brunner als Frau kandidieren könne, um eine Abwägung verschiedener Rechte, sagt Rubin: «Einerseits gibt es nach der Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte den Anspruch auf Anerkennung der geschlechtlichen Identität. Andererseits kann nicht jemand unter einem falschen Namen kandidieren.»
Vom Recht her gebe es nur zwei Möglichkeiten, und in beiden Fällen müsse Esther Brunner auf ein Recht verzichten: «Entweder sie nimmt ihr politisches Recht wahr, kandidiert für den Nationalrat und verzichtet auf ihre geschlechtliche Identität, oder aber sie verzichtet auf die Kandidatur und behält ihre geschlechtliche Identität.» Rubin würde zulassen, dass Brunner als Frau kandidiere. Einerseits sei sie unter diesem Namen bekannt und politisch aktiv, andererseits sei sie in Behandlung und die Geschlechtsumwandlung stehe unmittelbar bevor. Zudem stellt er die Frage, ob nicht die Wähler irregeführt werden, wenn jemand als Esther bekannt sei und unter einem anderen Namen kandidiere.
Platz auf der Liste würde leer bleiben
Die Juso wusste, dass sie auf ihrem Listenplatz Nummer zehn einen speziellen Fall haben wird. «Ich habe bei der Nomination auf mögliche Probleme hingewiesen. Man wollte meine Kandidatur trotzdem», sagt Esther Brunner. Die Juso des Kantons Zürich hat denn auch beschlossen, dass der Platz auf der Liste frei bleiben würde, sollte Esther Brunner unter diesem Namen nicht kandidieren können. Andreas Cassee von der Juso versteht den Entscheid des Bevölkerungsamtes nicht: Esther Brunner sei unter diesem Namen politisch sehr aktiv und bekannt: «Andere Leute können mit einem abgekürzten Vornamen kandidieren, das ist auch nicht der offizielle Name. Die Anforderung ist, dass der Name nicht täuschend ist, und das ist er nicht.»
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/zuerich/301278.html