
Hamburg (AP) Erneut müssen sich Eltern wegen Vernachlässigung
eines Kindes mit Todesfolge in Hamburg vor Gericht verantworten.
Die Staatsanwaltschaft warf der Mutter und dem Vater der
zweieinhalbjährigen Michelle am Montag zum Prozessauftakt
fahrlässige Tötung vor. Ihre Tochter sei im Juli 2004 zu Hause an
einem Hirnödem infolge einer nicht behandelten Mandelentzündung
gestorben. Die 28-jährige Nicole G. und der 34 Jahre alte
Rettungsassistent Andreas J. sollen ihr Kind trotz erkennbarer
Schwächung nicht zum Arzt gebracht haben. Die sechsfachen Eltern
verweigerten zunächst die Aussage.
Zudem haben sie laut Anklage alle ihre Kinder grob vernachlässigt.
Die Kleinen hätten in ihrem mit Schimmelflecken und Resten von Kot
verdreckten Zimmer ohne Spielzeug leben müssen, sagte der
Staatsanwalt. Die Türklinken seien entfernt worden. Zum Zeitpunkt
des Todes der kleinen Michelle hatte sich seinen Angaben zufolge so
viel Müll angesammelt, dass die Türen kaum noch aufzubekommen
waren. Michelle soll mit zweieinhalb Jahren noch nicht in den Lage
gewesen sein, eigenständig zu laufen. Den Eltern drohen bis zu fünf
Jahre Haft.
Ein neuerlicher Fall von verwahrlosten Kindern war am Wochenende
bekannt geworden. Ein zweijähriger Junge und seine vierjährige
Schwester wurden in einem zugesperrten Zimmer auf mit Exkrementen
verdreckten Matratzen in einer Dachgeschosswohnung im Hamburger
Stadtteil Wilhelmsburg gefunden, wie die Polizei mittelte. Der Fall
hatte sich bereits am 23. Oktober ereignet.
Wegen Mordes müssen sich seit 24. August vor dem Hamburger
Landgericht die Eltern der siebenjährigen Jessica verantworten, die
am 1. März nach jahrelangem Martyrium in einem abgedunkelten Zimmer
an Erbrochenem erstickte. Es war wegen Vernachlässigung auf 9,6
Kilogramm abgemagert. Der Prozess soll am 11. November fortgesetzt
werden.