Kleiner Reminder von vor 2 Jahren für all die Schönredner. War zufälligerweise das selbe Stadion, in welchem nun das Rückspiel stattfinden wird
U21-Europameisterschaft
Wilde Jagd nach einem großen Erfolg
Von Michael Ashelm
19. November 2003 Noch am Tag danach erzählte Ulli Stielike von den Vorkommnissen im Istanbuler Fenerbahce-Stadion. "Bei uns in der Kabine sah es aus wie auf dem Schlachtfeld. Überall Spieler, die sich den Kopf hielten, Schmerzen hatten oder bluteten." Die hektischen Minuten nach dem Schlußpfiff drückten auf die Stimmung der deutschen Mannschaft, der eigentlich zum Feiern zumute war, die für den Nachwuchsfußball hierzulande eines der besten Ergebnisse der vergangenen Jahre eingefahren hatte. Doch als Benjamin Auer, der wuchtige Stürmer von Mainz 05, in der Nachspielzeit der Play-off-Partie gegen die Türkei das Tor zum entscheidenden 1:1-Endstand gelang und der Schiedsrichter wenig später die Partie beendete, begann eine wilde Jagd mit brutalen Ausschreitungen. Die führt nun im Nachgang zu bilateralen Verstimmungen und wird noch die zuständigen Gremien der Europäischen Fußball-Union (UEFA) beschäftigen. "So etwas habe ich in noch keinem Stadion der Welt erlebt", so Stielike, der Trainer, der "U21"-Nationalmannschaft, die sich zum ersten Mal nach 1998 wieder für die Endrunde einer Europameisterschaft qualifizieren konnte.
Der schöne Erfolg der deutschen Elf, die das Hinspiel in Leverkusen am vergangenen Freitag mit 1:0 gewinnen konnte, spielte also erst einmal eine nachrangige Rolle, zu schockiert waren alle Beteiligten von den Vorfällen. "Mir hat ein Polizist vors Bein getreten", berichtete der Torschütze Benjamin Auer (den türkischen Führungstreffer erzielte der Schalker Hamit Altintop, 69.) und das Bild bestätigte sich, daß selbst die Ordnungskräfte im Stadion ihre Emotionen am Ende nicht mehr im Griff hatten. Als die deutsche Equipe nämlich vor den wütenden Zuschauern, die Flaschen, Obst, Feuerzeuge und Münzen von der Tribüne herunterschleuderten, in die Katakomben flüchtete, wurde sie dort anscheinend auch tätlich von Polizisten und Ordnern angegangen. "Haben wir hier Krieg?", fragte Stielike. Den tschechischen Unparteiischen Michal Benes traf auf dem Platz ein Wurfgeschoß, die daraus resultierende Platzwunde mußte vom mitgereisten deutschen Mannschaftsarzt genäht werden. Erst als sich die Sieger und ihre Begleiter den Weg in die eigene Kabine gebahnt hatten und die Tür hinter ihnen schloß, kehrte schließlich etwas Ruhe ein. "Jeder hat dann seine Wunden geleckt", so Bernd Barutta, der Teamchef der Juniorenauswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Der in Istanbul anwesende Delegierte der UEFA, der Malteser Tom A. Restall, sprach von "Dingen, die nicht auf einen Sportplatz gehören" und kündigte ein Ermittlungsverfahren gegen den türkischen Fußball-Verband an.
Wie nicht anders zu erwarten, startete die Gegenseite einen Versuch, sich zumindest ein wenig zu rechtfertigen. Die Meinungsführerschaft in dieser Hinsicht übernahmen zuerst einmal die großen Zeitungen des Landes. Aufgebracht hätten die Fans vor allem die "übertriebene Freude" und "beleidigenden Gesten" der Deutschen nach dem glücklichen Ausgleich, heißt es. Doch der türkische Ersatzspieler Beyhan Sümer, der nach dem Gegentreffer von außen auf den deutschen Torwart Tim Wiese losging und dafür die Rote Karte erhielt, mußte eingestehen, "nicht richtig" gehandelt zu haben. Die Empörung der türkischen Funktionäre machte sich vor allem an einer Aussage von Stielike fest, die er in seiner ersten Erregung von sich gab. Der 49 Jahre alte Fußball-Lehrer erinnerte die aufgebrachten Gastgeber dran, daß "wir in Deutschland zwei Millionen Menschen aus der Türkei Arbeit geben." Der Verbandspräsident Haluk Ulusoy nannte diese Äußerung "häßlich".
Die skandalösen Umstände des Spiel werden den DFB weiter beschäftigen. Den sportlichen Wert dieser brisanten Ausscheidungsspiele und überhaupt die Qualifikation für eine EM-Endrunde hat man dagegen schon längst für sich abgeschätzt, gerade nach den durchwachsenen, teil schwachen Leistungen der A-Nationalmannschaft. "Man hat hier gesehen, daß die Jungs die Ärmel hochgekrempelt können und die Kohlen aus dem Feuer geholt haben. Die Mannschaft hat einen tollen Charakter", so Stielike. "Wir fühlen uns mit unserer Meinung bestätigt, daß wir es wieder mit besseren Fußballern zu tun haben." Der DFB will nun seine Bemühungen intensivieren, der Mannschaft bei der EM eine entsprechende Bühne zu bieten. Das Endrundenturnier vom 27. Mai bis zum 8. Juni nächsten Jahres soll nach Deutschland. Dort können sich die drei besten Teams für das olympische Turnier in Athen qualifizieren - und da war eine deutsche Mannschaft zuletzt 1988. "Das macht Hoffnung, daß der eine oder andere noch einen Sprung nach vorne macht", kommentierte Teamchef Rudi Völler, die WM 2006 im festen Blick, das sportlich doch schöne Ereignis von Istanbul.
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Polizisten schlagen und treten Nachwuchsspieler
Istanbul
19. November 2003 Dem Jubel auf dem Platz über das Erreichen der Europameisterschafts-Endrunde folgte für die deutschen Fußball-Junioren die wildesten Jagdszenen in ihrer sportlichen Laufbahn.
Im Tunnel zu den Kabinen wurden die U21-Spieler nach dem 1:1 gegen die Türkei im Stadion von Fenerbahce Istanbul von Polizisten, Ordnungskräften und Sicherheitsbeamten geschlagen, getreten und übel beschimpft. ???So etwas habe ich in Europa noch nicht erlebt. Hier wurde das Fair-Play mit Füßen getreten“, ereiferte sich DFB-Trainer Uli Stielike. Schon während der Begegnung waren seine Akteure am Dienstagabend in der aufgeheizten Atmosphäre mit Münzen, Feuerzeugen und anderen Gegenständen beworfen worden.
???Spieler von uns sind von Polizisten und Sicherheitskräften geschlagen worden. Der eine blutet, der andere hält sich in der Kabine ein Handtuch an den Kopf“, berichtete Stielike. Trotz des glücklichen Endes sprach Abwehrspieler Maik Franz, dem ein Ordner mit einem Walkie-Talkie aufs Ohr geschlagen hatte, vom ???schlimmsten Spiel meines Lebens“.
Schiedsrichter verletzt
Während sich Stielike nach Spielende noch bitter beklagte, wurden seine Spieler von der medizinischen Abteilung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) im Umkleideraum bereits versorgt. Maik Franz (VfL Wolfsburg) hatte am linken Ohr eine Platzwunde erlitten, Torschütze Benjamin Auer (FSV Mainz 05) ließ sich nach einem Tritt gegen das Bein behandeln, und selbst Schiedsrichter Michael Benes (Tschechien) mußte vom DFB-Arzt am Kopf mit zwei Stichen genäht werden.
Schon bei seiner Auswechslung war Thomas Hitzlsperger (Aston Villa) mit einer Wasserflaschen beworfen und von einer Münze am Hinterkopf getroffen worden.
Journalisten flüchten in Mannschaftskabine
Die begleitenden Journalisten aus Deutschland erhielten nach der Partie zum Schutz in der Mannschaftskabine Unterschlupf. Für den Delegierten der Europäischen Fußball-Union (UEFA) gab es derweil viel zu notieren.
Tom A. Restall (Malta) überzeugte sich in der deutschen Kabine von den Folgen der Ausschreitungen, ließ sich alles genau berichten und kündigte einen entsprechenden Schriftsatz an die UEFA an. Die wird ein Ermittlungsverfahren gegen den türkischen Verband einleiten, wobei das Strafmaß von einer hohen Geldstrafe bis zur Platzsperre reicht.
Lob von Rudi Völler
???Hier haben sich Dinge abgespielt, die nicht auf einen Sportplatz gehören“, meinte Restall. Rund 50.000 türkische Zuschauer und das Ordnungspersonal hatten nach Auers Tor in der Nachspielzeit und dem unerwarteten Ausscheiden ihrer Mannschaft in der Enttäuschung völlig die Fassung verloren.
Das sportliche Geschehen geriet bei diesem Skandalspiel fast in den Hintergrund. Die Freude über den Einzug in die EM-Endrunde vom 27. Mai bis 8. Juni 2004, für die sich der DFB als Gastgeber beworben hat, und den Erhalt der Olympia-Chancen hielt sich bei Stielike deshalb auch in Grenzen: ???Meine Mannschaft hat aber die Herausforderung bestanden. Das Glück des Tüchtigen war diesmal auf ihrer Seite.“ Bei der EM-Endrunde werden noch drei weitere Europa-Vertreter neben Gastgeber Griechenland für die Sommerspiele in Athen ermittelt. ???Wenn du die Türken raushaust, ist bei der EM auch Rang drei und damit die Olympia-Qualifikation möglich - vorausgesetzt, wir haben keinen weiteren personellen Aderlass“, sagte Stielike.
Abwehrspieler Lahm vor Premiere in A-Team
Ein dickes Lob bekam das Team vom extra angereisten Rudi Völler: ???Der Erfolg der Mannschaft war hoch verdient. In ihr steckt Substanz. Sie hat zwei tolle Spiele gegen die Türkei abgeliefert und ist dafür belohnt worden. Die Spieler werden im Hinblick auf die WM 2006 weiter Fortschritte machen.“ Er fügte hinzu: ???Das war ein Highlight für den deutschen Fußball.“ Besonders Philipp Lahm (VfB Stuttgart) hatte es dem Teamchef angetan. Der Abwehrspieler dürfte schon bald seine Premiere im A-Team feiern.
Nach dem 0:1 durch Hamit Altintop (69.) vom FC Schalke 04 schien alles für die Türken zu laufen. Sie hatten damit das 0:1 von Leverkusen egalisiert und wären mit einem weiteren Treffer für die EM-Endrunde qualifiziert gewesen. Der nach einer Stunde für Mike Hanke (Schalke 04) ins Spiel gekommene Auer machte aber in der dritten Minute der Nachspielzeit mit dem 13. Treffer für diesen Jahrgang das Weiterkommen für den DFB perfekt. ???Ich hätte gern von Beginn an gespielt. Die Entscheidung des Trainers mußte ich akzeptieren. Ich fühle mich aber nicht als Ergänzungsspieler“, sagte Auer.
Quelle: FAZ.NET
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