Master hat geschrieben: ↑20.11.2023, 13:26
Meine Toleranz-Schwelle im Stadion ist deutlich grösser, in alle Richtungen. Politisch, sexistisch, rassistisch. In hitzigen Momenten darf und soll man ausrasten, da dürfen von mir aus absolut Dinge dabei sein, die im sonstigen Alltag ein absolutes No-Go sind.
Schwierig wird es für mich dann, wenn es systematisch-persönlich wird und mit dem Fussball resp. dem gezeigten gar nichts mehr zu tun hat. Den FCZ-Torhüter aus Prinzip als HS zu bezeichnen ist mir völlig wurst. Für mich ist das im Fussball ok, es hat keinen ernsthaften oder persönlichen Bezug und ist einfach nur darauf aus zu provozieren und irgendeine Reaktion hervorzurufen. Wer da nicht mitmachen möchte macht nicht mit, aber damit hat es sich dann auch.
Dasselbe gilt für den Schiedsrichter, der zwar viel ab muss aber auch da in der Regel alles "spielbezogen" gemeint ist und niemand sich wirklich darum kümmert, ob das jetzt der Meier, Schnyder oder Aytekin ist.
Dementsprechend kann man von mir aus gerne Barry als einen jämmerlichen Nichtskönner bezeichnen, wenn er gerade einen Ball verstolpert, Esther Staubli gnadenlos auspfeifen, weil man der Meinung war, dass das ganz klar ein Handspenalty war oder Hitzlsperger als Möchtegerne-Experte bezeichnen, weil er auf Sky gerade völlig das Gegenteil von dem sagt, was man persönlich der Meinung ist. Oder auch noch deutlich derbere Ausdrücke.
Wenn aber systematisch jemand aufgrund einer persönlichen Eigenschaft rassistisch beleidigt wird oder sexistisch fertiggemacht wird, da würde ich heute definitiv mich wehren. Sei es weil jemand eine andere Hautfarbe hat, weil jemand homosexuell ist (was es ja bisher im Profi-Fussball bei uns noch nicht geoutet gab) oder ein bestimmtes Geschlecht hat.
Das ist nicht dasselbe wie "XYZ spielt für Zürich/unseren Gegner" und hat - sorry - mit Fussball einfach gar nichts zu tun. Persönliche Emotionen im Rahmen des Fussballspiels ausleben, ja. Persönliche Defizite an anderen Auslassen, nein.
Und mir ist klar, dass diese Grenze a) für jede Person wohl ein bisschen anders ist und b) sich im Laufe der Zeit ändert (ich habe vermutlich vor 15 Jahren auch zu denen gehört, die "Nicole an der Herd" oder "Schwuléé" mitgeschreit hat. Aber es darf sich die Welt ja auch weiterentwickeln. Ich möchte bei der Arbeit von meinen Arbeitskollegen auf nicht mehr gesiezt werden bis die älteren mir das Du anbieten oder vom Chef grundlos zusammengestaucht werden weil er gerade ein schlechtes Wochenende hatte. Und ich will nicht, dass Kinder in der Schule von LehrerInnen geschlagen werden.
Fortschritt hilft uns am Ende allen.