Ok, guter Hinweis mit der Besitzstruktur, hatte ich schon vergessen, es ist aber klar, Mateschitz hat das sagen, und so lange das funzt, wird man ihn auch von Thailand aus gewähren lassen. Trotzdem erstaunt mich, dass das so geblieben ist, denn was ich jetzt so über ihn hab lesen können, ist er schon machtbewusst ist und hätte nach dem Erfolg versucht, für die Zukunft ein allfällliges Dreinreden von jemand anders zu unterbinden.
Es ändert aber nichts am Kern meiner Aussage, dass er im Gegensatz zu internationalen Korporationen eine Machtfülle hat, die ihm sehr viel mehr Gestaltungsspielraum gibt, als es Minderheitsaktionäre und angestellte Manager haben. Er gibt ja unerhört viel Geld für Sportsponsoring aus und das schlägt sich im völlig überhöhten Preis seines Produkts nieder. Hierzulande ist RB im Gegensatz zum billigsten Noname Supermarkt Energy Drink FÜNFMAL so teuer. Erstaunlich, dass sowas der Markt akzeptiert. Das könnte sich aber auch eines Tages ändern.
Schwingen, da kenne ich nur aus der Ferne, ist ein lokales Kulturevent und kaum für grosses Marketing interessant. So gesehen sind Deine Vergleiche etwas irreführend.
Es erinnert mich aber an Statements, wie sie 1976 bei der Einführung der Trikotwerbung zu hören waren, wo man meinte, die Werbung auf Trikots sei der Untergang des schönen Fussball, eine Verschandelung der Trikots, Bruch mit Traditionen und was weiss ich was noch alles. Die grossen Firmen zögerten auch noch, so nutzte der Gastarbeiter-Reiseunternehmer Umberto Guarnaccia die Gelegenheit, sich bekannt zu machen und war der erste Trikotsponsor des FCB. Beim FCZ war es Agfa (Filmhersteller), bei den anderen weiss ich das nicht mehr (Placette bei Servette, aber bin nicht sicher).
Heute ist das längst akzeptiert, auch im Amateurfussball. Im Formel 1 Sport waren wandelnde "Litfasssäulen" schon damals normal. Im Tennis sind sie das bis heute nicht. Hängt wohl auch mit der Kultur des Sports zusammen, inwieweit der Tennisverband Trikotwerbung unterband, weiss ich nicht, es ist aber davon auszugehen. So scheint wohl ein mit Werbung vollgeklebter Schwinger auch in der heutigen Zeit nicht akzeptabel.
Es ist aber immer die Frage, was akzeptiert das Publikum und was die den Sport organisierenden Verbände. Wobei letzteres wichtiger sein dürfte, denn was bleibt dem Publikum anderes übrig, als zu akzeptieren, dass der Sportler Werbeträger ist? Boykott? Funktioniert höchstens vorübergehend.
So ist es letzlich auch mit der Frage, ob Unternehmen ihre eigenen Fussballklubs gründen resp. kaufen und umlabeln dürfen. Ich sehe darin nicht den Untergang des Abendlandes (der droht von anderer Seite) oder des "sauberen" Sports, den es eh schon lange nicht mehr gibt, vielmehr einen Ausdruck der freien Marktwirtschaft. Wie aber schon mehrfach betont, Unternehmen werden keine Fussballabteilungen mehr gründen, die Zeiten sind in Ost und West längst vorbei.
Die Kosten, die Risiken, die Gefahr der strategischen Verzettelung, des Misserfolgs, sind zu gross. Der Fussballmarkt ist ein sehr schwieriger, um als Klub rentabel zu arbeiten, vor allem als Startup. Und ein Aufkauf und umlabeln stösste auf enormen Widerstand, wie Mateschitz mit RB Salzburg lernen musste. Auch als Sponsor, muss man sich immer wieder fragen, ob sie die investierten Mittel wirklich lohnen - siehe VW und Wolfsburg.
Damit nehme ich noch Bezug auf den Bundesliga Thread (
http://www.fcbforum.ch/forum/showthread ... ost1625586), wo Bierathlet richtig geschrieben hat, dass Mateschitz sich die Entscheidungsgewalt bei Austria Salzburg gesichert hat, allerdings ohne jemandem zu verraten, was er vor hat. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass die Vereinsmitglieder des Austria Salzburg seinen Plänen zuvor zugestimmt haben. Dann war auch der Satz "das ist ein neuer Verein. Es gibt keine Geschichte, kein Archiv" absolut dämlich und kontraproduktiv. Das hat er aber mittlerweile gelernt und auf der Homepage von RB Salzburg wird jetzt wieder auf die Vorgeschichte Bezug genommen. Seinen Ruf hat er aber damit lädiert und davon hat auch RB Leipzig viel zu spüren bekommen.
Ich finde allerdings, nach 12 Jahren kann man es aber auch damit gut sein lassen. Vor allem sollte man respektieren, wenn sich jemand entscheidet, Fan dieses oder jenes Vereins werden zu wollen. Antipathiebekundungen können meinetwegen in einem normalen Masse erfolgen, aber gewisse Grenzen sollten nicht überschritten werden, Gewalt ist in jedem Fall ein Nogo.
Ich habe mir auch immer wieder überlegt, wie es im Frühling 1989, als der FCB praktisch pleite war und die 1. Liga drohte, gewesen wäre, wenn da ein reicher Mäzen-Sponsor gekommen wäre, nicht nur Rettung sondern wieder goldene Zeiten versprechen würde, aber auch eine Umbennenung in RBB und Änderung der Trikotfarben und Logos verlangen würde. Ein Teil der Vereinsmitglieder wäre sicher dagegen gewesen und hätte gesagt, lieber in der 1. Liga neubeginnen als mit Traditionen brechen, aber gut möglich angesichts des desolaten Rumkrebsens, das zu dem Zeitpunkt ja schon fast ein Jahrzehnt ging, sich vielleicht sogar eine Mehrheit gefunden hätte, zu sagen, man solle doch das Angebot nutzen um endlich wieder guten Fussball in Basel zu sehen. Und dass Spieler ihre seit Monaten ausstehenden Löhne und die Gläubiger ihr Geld bekommen sollten.
Tatsache ist, dass damals diese Variante gar nicht zur Verfügung stand. Und der Wiederaufstieg erst fünf Jahre später erfolgte, das Erreichen des Europacups 11 Jahre und der nächste Meistertitel 13 Jahre. Dass der Wiederaufstieg 1994 und das Double 2002 und die darauf folgende Champions League Saison Emotionen freisetzten, wie es sie sonst nicht gegeben hätte, das sehe ich allerdings auch. Der Preis war aber eine 20-22 Jahre dauernde Leidenszeit.
Wer sich in Nostalgie die Zeiten von Not und Existenzsorgen zu Gemüte führen will, hier die Sendung vom Frühling 1989:
https://www.youtube.com/watch?v=pEO3qc_W4e0http://www.fcbforum.ch/forum/showthread.php?37225-1-Bundesliga-16-17&p=1625586&viewfull=1#post1625586