Shi Jun - Fussball oder Marketing...
Verfasst: 23.08.2005, 13:00
Bund, 19.08.2005
Die Sprache des Fussballs
Der neu verpflichtete Chinese Shi Jun hat bei den Young Boys das Training aufgenommen
Mit dem Chinesen Shi Jun verknüpft YB zwar primär sportliche Hoffnungen; als Nebeneffekt soll der Stürmer aber helfen, das Tor zu einem riesigen Markt zu öffnen.
Ohne Hakan Yakin, den Isländer Gretar Steinsson und den Togolesen Yao Aziawonou, die am Mittwoch allesamt mit ihren Nationalteams Erfolge feierten, arbeiteten die Young Boys gestern Morgen an ihrer Form für die sonntägliche Begegnung mit dem FC Zürich (Stade de Suisse, 16.15 Uhr). Dafür war im Leichtathletikstadion Wankdorf ein neues Gesicht mit von der Partie: Shi Jun. Der 22-jährige Chinese, der auf zwei Teileinsätze im Nationalteam zurückblicken kann, war Mitte Juli für drei Jahre engagiert worden. Er hatte zuvor bereits einen Teil der Saison-Vorbereitung mit dem Team von Trainer Hans-Peter Zaugg bestritten, musste dann aber wegen der Erledigung einiger Formalitäten nochmals in seine Heimat, ehe er am Dienstag abermals in Bern eintraf.
Die Verpflichtung von Shi Jun war von den Young Boys als «Transfer für die Zukunft» deklariert worden. Die Integration des Spielers werde eine gewisse Zeit beanspruchen, war Mitte Juli in der Medienmitteilung festgehalten worden. Weil der grossgewachsene Stürmer mit dem fröhlichen Lachen und der auffälligen Frisur keine Fremdsprache spricht, wurde ihm ein Dolmetscher zur Seite gestellt, der ihn auch während der Trainings betreut. Dies soll die Integration wesentlich beschleunigen.
Shi Jun selber scheint sehr darum bemüht, sich möglichst schnell im neuen Umfeld und in der für ihn neuen Kultur einzuleben. Entsprechend meint er denn auch, dass es wohl noch schwierig sei, die Anweisungen des Trainers zu verstehen. Aber der Fussball folge gewissen Regeln und habe seine eigene Sprache. Ausserdem könne man sich notfalls auch mit Händen und Füssen helfen. Zu seinen Karrierezielen befragt, antwortet Shi Jun via Dolmetscher schlicht und einfach: «Ich konzentriere mich darauf, im Training mein Bestes zu geben und im Spiel möglichst viele Tore für YB zu erzielen. Alles andere interessiert mich derzeit nicht.»
Kurzeinsatz gegen den FCZ?
Das Debüt von Shi Jun im YB-Dress könnte bereits am Sonntag gegen den FC Zürich erfolgen. Auf der Bank wird der Chinese vermutlich Platz nehmen, man möchte den Spieler dem Publikum vorstellen. Deshalb denkt Trainer Hans-Peter Zaugg auch an eine «Jokerrolle» für seinen neuen Stürmer, den er als schnellen, physisch guten Spieler bezeichnet, der den Ball verlange und «ganz bestimmt über Qualitäten verfügt».
Die Young Boys verschweigen nicht, dass sie sich mit der Verpflichtung Shi Juns in irgendeiner Form auch Zugang zum riesigen chinesischen Markt, wo Fussball die klare Sportart Nummer 1 ist, erhoffen. Sie folgen dabei aber nicht sogleich dem Beispiel des FC Bayern München, auf dessen Homepage Informationen auch auf Englisch, Japanisch und Chinesisch abrufbar sind. Die YB-Homepage ist einsprachig u2013 zumindest vorerst noch. Denn auf welches Interesse Erfolgsmeldungen Shi Juns in China stossen würden, lässt sich nur erahnen. Tatsache ist, dass er seit seiner Ankunft in Bern von einem in Deutschland lebenden Korrespondenten der grössten chinesischen Sportzeitung begleitet wird.
Im Sportpanorama oder so kam ein kurzer Bericht über Shi Jun. Scheint ein witziger Kerl zu sein und Fussball spielen kann er wohl auch (immerhin Nationalspieler).
Nun aber die Frage: M. Hottiger betonte im Interview, dass man "mit dem neuen Stadion etwas neues bieten wollte", also irgendeinen Exoten. Man habe sich auf dem chinesischen Markt umgesehen und Shi Jun aus 5 Kandidaten ausgewählt.
Es geht dabei auch darum, auf dem riesigen chinesischen Markt einen Zugang für YB-Merchandising zu finden.
Shi Jun scheint durchaus Fussball spielen zu können, spricht aber weder Englisch noch Deutsch. Man musste - mit einem Zeithorizont von 6 Monaten - quasi einen Dauerdolmetscher einstellen, um Shi Jun zu betreuen.
Nähme mich Wunder, was Ihr von einem solchen Transfer haltet, welcher de facto in erster Linie ein "Marketingtransfer" zu sein scheint... (im obigen Artikel wird zwar von Nebeneffekt gesprochen, das Interview mit M. Hottiger lässt aber anderes erahnen). Gute Idee oder zum scheitern verurteiltes Experiment?
Die Sprache des Fussballs
Der neu verpflichtete Chinese Shi Jun hat bei den Young Boys das Training aufgenommen
Mit dem Chinesen Shi Jun verknüpft YB zwar primär sportliche Hoffnungen; als Nebeneffekt soll der Stürmer aber helfen, das Tor zu einem riesigen Markt zu öffnen.
Ohne Hakan Yakin, den Isländer Gretar Steinsson und den Togolesen Yao Aziawonou, die am Mittwoch allesamt mit ihren Nationalteams Erfolge feierten, arbeiteten die Young Boys gestern Morgen an ihrer Form für die sonntägliche Begegnung mit dem FC Zürich (Stade de Suisse, 16.15 Uhr). Dafür war im Leichtathletikstadion Wankdorf ein neues Gesicht mit von der Partie: Shi Jun. Der 22-jährige Chinese, der auf zwei Teileinsätze im Nationalteam zurückblicken kann, war Mitte Juli für drei Jahre engagiert worden. Er hatte zuvor bereits einen Teil der Saison-Vorbereitung mit dem Team von Trainer Hans-Peter Zaugg bestritten, musste dann aber wegen der Erledigung einiger Formalitäten nochmals in seine Heimat, ehe er am Dienstag abermals in Bern eintraf.
Die Verpflichtung von Shi Jun war von den Young Boys als «Transfer für die Zukunft» deklariert worden. Die Integration des Spielers werde eine gewisse Zeit beanspruchen, war Mitte Juli in der Medienmitteilung festgehalten worden. Weil der grossgewachsene Stürmer mit dem fröhlichen Lachen und der auffälligen Frisur keine Fremdsprache spricht, wurde ihm ein Dolmetscher zur Seite gestellt, der ihn auch während der Trainings betreut. Dies soll die Integration wesentlich beschleunigen.
Shi Jun selber scheint sehr darum bemüht, sich möglichst schnell im neuen Umfeld und in der für ihn neuen Kultur einzuleben. Entsprechend meint er denn auch, dass es wohl noch schwierig sei, die Anweisungen des Trainers zu verstehen. Aber der Fussball folge gewissen Regeln und habe seine eigene Sprache. Ausserdem könne man sich notfalls auch mit Händen und Füssen helfen. Zu seinen Karrierezielen befragt, antwortet Shi Jun via Dolmetscher schlicht und einfach: «Ich konzentriere mich darauf, im Training mein Bestes zu geben und im Spiel möglichst viele Tore für YB zu erzielen. Alles andere interessiert mich derzeit nicht.»
Kurzeinsatz gegen den FCZ?
Das Debüt von Shi Jun im YB-Dress könnte bereits am Sonntag gegen den FC Zürich erfolgen. Auf der Bank wird der Chinese vermutlich Platz nehmen, man möchte den Spieler dem Publikum vorstellen. Deshalb denkt Trainer Hans-Peter Zaugg auch an eine «Jokerrolle» für seinen neuen Stürmer, den er als schnellen, physisch guten Spieler bezeichnet, der den Ball verlange und «ganz bestimmt über Qualitäten verfügt».
Die Young Boys verschweigen nicht, dass sie sich mit der Verpflichtung Shi Juns in irgendeiner Form auch Zugang zum riesigen chinesischen Markt, wo Fussball die klare Sportart Nummer 1 ist, erhoffen. Sie folgen dabei aber nicht sogleich dem Beispiel des FC Bayern München, auf dessen Homepage Informationen auch auf Englisch, Japanisch und Chinesisch abrufbar sind. Die YB-Homepage ist einsprachig u2013 zumindest vorerst noch. Denn auf welches Interesse Erfolgsmeldungen Shi Juns in China stossen würden, lässt sich nur erahnen. Tatsache ist, dass er seit seiner Ankunft in Bern von einem in Deutschland lebenden Korrespondenten der grössten chinesischen Sportzeitung begleitet wird.
Im Sportpanorama oder so kam ein kurzer Bericht über Shi Jun. Scheint ein witziger Kerl zu sein und Fussball spielen kann er wohl auch (immerhin Nationalspieler).
Nun aber die Frage: M. Hottiger betonte im Interview, dass man "mit dem neuen Stadion etwas neues bieten wollte", also irgendeinen Exoten. Man habe sich auf dem chinesischen Markt umgesehen und Shi Jun aus 5 Kandidaten ausgewählt.
Es geht dabei auch darum, auf dem riesigen chinesischen Markt einen Zugang für YB-Merchandising zu finden.
Shi Jun scheint durchaus Fussball spielen zu können, spricht aber weder Englisch noch Deutsch. Man musste - mit einem Zeithorizont von 6 Monaten - quasi einen Dauerdolmetscher einstellen, um Shi Jun zu betreuen.
Nähme mich Wunder, was Ihr von einem solchen Transfer haltet, welcher de facto in erster Linie ein "Marketingtransfer" zu sein scheint... (im obigen Artikel wird zwar von Nebeneffekt gesprochen, das Interview mit M. Hottiger lässt aber anderes erahnen). Gute Idee oder zum scheitern verurteiltes Experiment?