Zirzensisches contra Pragmatismus
Verfasst: 26.09.2007, 11:18
NZZ vom Mittwoch, 26. September 2007
Zirzensisches contra Pragmatismus
In den Schlagerspielen gegen Zürich profitiert Basel von der grösseren internationalen Erfahrung
Die Bilanz ist eindeutig u2013 und wirft dennoch Fragen auf. Wenn am Mittwoch die besten Teams des Landes sich im Zürcher Letzigrund messen, steht gemäss der Statistik der Favorit zweifelsfrei fest. Es ist der FC Basel, der seit der Saison 2005/06 von neun Partien sechs, der FCZ hingegen nur zwei gewonnen hat. Interessant, dass der frappante Ausweis an Überlegenheit in der Endabrechnung nicht zum Ausdruck kommt. Der Meister der beiden letzten Spielzeiten heisst nämlich FC Zürich u2013 und vor dem neuerlichen Vergleich hat er wiederum die Nase vorn. Dies einer Niederlage in Basel im Startmatch zum Trotz.
Zweierlei Philosophien
Gründe für die seltsame Diskrepanz gibt es diverse. Die gesamte Dimension des Zweikampfs mit allen Facetten auszuloten, würde jedoch den Umfang dieser Spalten sprengen. Deshalb sei einzig der Versuch unternommen, die Differenz zwischen den Teams zu charakterisieren und jene Fakten zu ergründen, die es dem FCB erlauben, den Matches gegen den FCZ mit einigem Optimismus entgegenzusehen. Im Zentrum der Betrachtung steht dabei die unterschiedliche fussballerische Philosophie der Trainer Lucien Favre u2013 seine Arbeit wirkt seit dem Abgang nach u2013 sowie Christian Gross. Im Weiteren gilt es eine Qualität zu beachten, die als Folge der Ereignisse der letzten fünf, sechs Jahre zu werten ist.
Begonnen sei mit den Ausbildnern, deren divergierende Ansichten und Prioritäten zu einer unterschiedlichen Personalwahl führen. Unter Favre wurde das Team auf einen Kombinationsfussball gedrillt, der technisch anspruchsvoll ist und dem nur eine ganz bestimmte Art von Spieler gerecht werden kann. Es sind Fussballer vonnöten, die sich eher dem künstlerischen als dem profanen Spiel verpflichtet fühlen. Daraus entsteht manchmal ein Auftritt, der u2013 wenn's läuft u2013 die Fans entzückt. Bloss, der Versuch zum Kunstwerk birgt eine hohe Gefahr des Scheiterns; nicht immer lässt sich die Eigenwilligkeit der «Stars» mit dem Ziel der Equipe in Einklang bringen.
Die Taktik von Gross ist eine andere. Das Spiel ist vertikaler angelegt, der Vorstoss aus der eigenen Abwehr in den gegnerischen 16-m-Raum soll sehr wenig Zeit beanspruchen. Das Konzentrat solchen Denkens bekam der Basler Anhang 1999/2000 zu sehen. Weite Bälle wurden auf den Riesen Koumantarakis geschlagen, in seinem Schatten lauerte der quirlige Tholot auf Ableger oder Abpraller. Später war dieses Modell nie mehr in solcher Konsequenz zu bewundern; geblieben ist aber eine realistische Spielweise ohne überflüssigen Schnickschnack. Hinzu kam die Vorliebe des Ausbildners für grossgewachsene Athleten, die in Zweikämpfen und sogenannten Standardsituationen physische Präsenz markieren. Der FCZ-Präsident Ancillo Canepa sagt illusionslos: «Hier müssen wir dem FCB nacheifern.»
Nüchtern betrachtet sind das die Voraussetzungen, um im internationalen Vergleich bis zu einer gewissen Stufe mitzuhalten. Es kann daher kein Zufall sein, dass einzig Basel seit Jahren regelmässig im europäischen Geschäft vertreten ist. Dies im Gegensatz zum FCZ, dessen zirzensische Aufführungen oft zu fragil daherkommen. Dieses Vorgehen hält dem auf Europacup-Stufe herrschenden Pragmatismus kaum stand (Beispiel: die Spiele gegen Salzburg vor einem Jahr). Der verblüffende Sololauf Chikhaouis am Sonntag im Derby wäre beispielsweise auf höherer Ebene schon nach zehn Metern zu Ende gegangen. Ein taktisches Foul hätte den Tunesier rasch gestoppt. Das ist die Realität u2013 und Gross weiss auf dieser Klaviatur gelegentlich souverän zu spielen.
Basel zu wenig konstant
Das Fazit: Trifft der FC Basel auf den schärfsten Widersacher, wirft er all seine in den internationalen Vergleichen gewonnene Erfahrung in die Waagschale. Hier kann der FCZ nicht mithalten. Wie sollte er auch? Ihm wurden in den wenigen Partien auf Europa-Cup-Niveau rasch die Grenzen aufgezeigt, und in seinen Reihen befinden sich u2013 ebenfalls im krassen Gegensatz zum FCB u2013 nur wenige Cracks, die in ihren Heimatländern ständig in WM- oder EM-Qualifikations-Partien gefordert sind. Bloss, die Basler vermögen diese Qualität nicht über die Dauer einer Meisterschaft auszuspielen. Warum dem so ist und weshalb die Zürcher in den zwei vergangenen Saisons trotz einigen Unzulänglichkeiten das Championnat (mit etwas Glück) für sich entscheiden konnten, das wiederum ist eine ganz andere Geschichte.
Zirzensisches contra Pragmatismus
In den Schlagerspielen gegen Zürich profitiert Basel von der grösseren internationalen Erfahrung
Die Bilanz ist eindeutig u2013 und wirft dennoch Fragen auf. Wenn am Mittwoch die besten Teams des Landes sich im Zürcher Letzigrund messen, steht gemäss der Statistik der Favorit zweifelsfrei fest. Es ist der FC Basel, der seit der Saison 2005/06 von neun Partien sechs, der FCZ hingegen nur zwei gewonnen hat. Interessant, dass der frappante Ausweis an Überlegenheit in der Endabrechnung nicht zum Ausdruck kommt. Der Meister der beiden letzten Spielzeiten heisst nämlich FC Zürich u2013 und vor dem neuerlichen Vergleich hat er wiederum die Nase vorn. Dies einer Niederlage in Basel im Startmatch zum Trotz.
Zweierlei Philosophien
Gründe für die seltsame Diskrepanz gibt es diverse. Die gesamte Dimension des Zweikampfs mit allen Facetten auszuloten, würde jedoch den Umfang dieser Spalten sprengen. Deshalb sei einzig der Versuch unternommen, die Differenz zwischen den Teams zu charakterisieren und jene Fakten zu ergründen, die es dem FCB erlauben, den Matches gegen den FCZ mit einigem Optimismus entgegenzusehen. Im Zentrum der Betrachtung steht dabei die unterschiedliche fussballerische Philosophie der Trainer Lucien Favre u2013 seine Arbeit wirkt seit dem Abgang nach u2013 sowie Christian Gross. Im Weiteren gilt es eine Qualität zu beachten, die als Folge der Ereignisse der letzten fünf, sechs Jahre zu werten ist.
Begonnen sei mit den Ausbildnern, deren divergierende Ansichten und Prioritäten zu einer unterschiedlichen Personalwahl führen. Unter Favre wurde das Team auf einen Kombinationsfussball gedrillt, der technisch anspruchsvoll ist und dem nur eine ganz bestimmte Art von Spieler gerecht werden kann. Es sind Fussballer vonnöten, die sich eher dem künstlerischen als dem profanen Spiel verpflichtet fühlen. Daraus entsteht manchmal ein Auftritt, der u2013 wenn's läuft u2013 die Fans entzückt. Bloss, der Versuch zum Kunstwerk birgt eine hohe Gefahr des Scheiterns; nicht immer lässt sich die Eigenwilligkeit der «Stars» mit dem Ziel der Equipe in Einklang bringen.
Die Taktik von Gross ist eine andere. Das Spiel ist vertikaler angelegt, der Vorstoss aus der eigenen Abwehr in den gegnerischen 16-m-Raum soll sehr wenig Zeit beanspruchen. Das Konzentrat solchen Denkens bekam der Basler Anhang 1999/2000 zu sehen. Weite Bälle wurden auf den Riesen Koumantarakis geschlagen, in seinem Schatten lauerte der quirlige Tholot auf Ableger oder Abpraller. Später war dieses Modell nie mehr in solcher Konsequenz zu bewundern; geblieben ist aber eine realistische Spielweise ohne überflüssigen Schnickschnack. Hinzu kam die Vorliebe des Ausbildners für grossgewachsene Athleten, die in Zweikämpfen und sogenannten Standardsituationen physische Präsenz markieren. Der FCZ-Präsident Ancillo Canepa sagt illusionslos: «Hier müssen wir dem FCB nacheifern.»
Nüchtern betrachtet sind das die Voraussetzungen, um im internationalen Vergleich bis zu einer gewissen Stufe mitzuhalten. Es kann daher kein Zufall sein, dass einzig Basel seit Jahren regelmässig im europäischen Geschäft vertreten ist. Dies im Gegensatz zum FCZ, dessen zirzensische Aufführungen oft zu fragil daherkommen. Dieses Vorgehen hält dem auf Europacup-Stufe herrschenden Pragmatismus kaum stand (Beispiel: die Spiele gegen Salzburg vor einem Jahr). Der verblüffende Sololauf Chikhaouis am Sonntag im Derby wäre beispielsweise auf höherer Ebene schon nach zehn Metern zu Ende gegangen. Ein taktisches Foul hätte den Tunesier rasch gestoppt. Das ist die Realität u2013 und Gross weiss auf dieser Klaviatur gelegentlich souverän zu spielen.
Basel zu wenig konstant
Das Fazit: Trifft der FC Basel auf den schärfsten Widersacher, wirft er all seine in den internationalen Vergleichen gewonnene Erfahrung in die Waagschale. Hier kann der FCZ nicht mithalten. Wie sollte er auch? Ihm wurden in den wenigen Partien auf Europa-Cup-Niveau rasch die Grenzen aufgezeigt, und in seinen Reihen befinden sich u2013 ebenfalls im krassen Gegensatz zum FCB u2013 nur wenige Cracks, die in ihren Heimatländern ständig in WM- oder EM-Qualifikations-Partien gefordert sind. Bloss, die Basler vermögen diese Qualität nicht über die Dauer einer Meisterschaft auszuspielen. Warum dem so ist und weshalb die Zürcher in den zwei vergangenen Saisons trotz einigen Unzulänglichkeiten das Championnat (mit etwas Glück) für sich entscheiden konnten, das wiederum ist eine ganz andere Geschichte.