Peter1893 hat geschrieben:… Man kann die RB Klubs hassen, aber es greift mir zu kurz, wenn man sagt, dass seien reine Marketingabteilungen für kurzfristige Befriedigung. Die arbeiten schon langfristig und im übrigen hochprofitabel, da sie ihre Spieler im frühen Erwachsenenalter wieder mit schöner Gewinnmarge weiterverkaufen können. Und ja, dort verspricht man sich, dass man auch diesen nicht einfachen Spieler mit dem nicht einsichtigsten Umfeld in Griff bekommt. Ich bin gespannt, wie der sich dort bewährt.
Ich habe mich schon mal zu meiner Einstellung gegenüber RedBull geäussert. Wenn es dich interessiert, kannst du es
hier nachlesen. Dieser Post wird noch lange genug, ohne dass ich es wiederholen.
Marketinginstrument
Einen seriösen Sportclub nach wirtschaftlichen Interessen zu führen stellt für mich keinen Widerspruch dazu dar, in erster Linie ein Instrument zur Vermarktung eines Produktes zu sein. Ein Marketinginstrument muss nicht Geld vernichten, es kann auch selbstragend oder gar gewinnabwerfend sein. Dass Mateschitz die Grenzen zwischen Sportclub und Umsatzförderung verwischt, ist ja das Geniale und Teuflische zugleich. Es kommt halt darauf an, ob man es aus Sicht eines Marketing Managers mit seinen neuen Wertvorstellungen oder eines Traditionalisten mit alten Wertvorstellungen betrachtet.
Beide arbeiten auf die gleichen sportlichen Ziele hin und beide sind in einer von Kapital gelenkten Fussballwelt unterwegs.
Instant Gratification
Die schnelle Befriedigung, welche ich kritisch sehe, liegt in anderen Bereichen. Man verspricht den schnellen Weg zum kurzfristigen Erfolg. Die Strukturen dahin, sind auch entsprechend gelegt. Nicht nur mit besseren Trainer, was die Jugendförderung anbelangt. Den Leiter des Leistungszentrum in Thalgau, den höheren Fokus auf Scheinidentität in Social Media, den schnelleren Zugang zur Glamour Welt, etc. sind alles Dinge, welche auch den Spieler als Produkt vermarkten. Dass viele junge Spieler in der Selbstvermarktung eine Notwendigkeit sehen, finde ich schon tragisch genug. Dass man diese auch noch fördert, finde ich verwerflich. Der «moderne Fussball» ist auch davon betroffen, aber in viel geringerem Ausmass. Dass nun Vermarktungsprofis so viel Einfluss im Fussball ausüben, befeuert diesen Mist nur.
RedBull erzählt die Geschichte des Erfolges und erfüllt die Erwartungen, weil keiner die Definition dieses Erfolges hinterfragt. Was tun die für Charakterentwicklung und Wertevermittlung? Macht Geld oder sportlicher Erfolg glücklich? Wie steht man zu den Menschen, wenn sie nicht mehr Angestellte sind?
Ich glaube nicht, dass ein Spieler gegen Ende seiner Karriere nochmals bei RedBull auflaufen wird. Er verkörperte nicht mehr die Markenattribute «schneller, länger, weiter, mehr». Ehemalige Verdienste werden bei RedBull keinen Wert haben, wenn jemand nur ein Mü besser ist, wird diesem der Vorzug gegeben werden, unabhängig von der gemeinsamen Vergangenheit. RedBull wird keine Heimat darstellen, keine menschlichen Bindungen eingehen und darum wird es seelenlos geschumpfen.
Langfristige, menschliche Perspektive?
Der FCB erzählte eine andere Geschichte des Erfolges und scheitert an der Erfüllung der Erwartungen, weil hier alle die Definition von Erfolg hinterfragen und man nicht auf den gleichen Nenner kommt. Unter Heusler schaffte man per Spagat finanziellen/sportlichen Erfolg mit menschlichen Geschichten zu verbinden. Aber noch mehr Geld im Fussballbusiness erschwerte diesen Spagat zusehends und Heusler sah, dass er künftig nicht mehr beides bedienen konnte. Er wollte nicht als derjenige in Erinnerung bleiben, der eine Seite aufgab, weil er sich für die andere entschieden hätte.
Der FCB (inklusive der Region) muss seine Geschichte glaubwürdiger machen, indem er sie nicht nur erzählt, sondern umsetzt. Streller hat die tolle Zeit erlebt und gespürt, was sie so schön machte. Daraus entstand das Konzept. Aber statt es als interne Leitplanke zu nutzen und die Geschichte anhand des bereits umgesetzten zu erzählen, also vorzuleben, posaunte man das Konzept lauthals in bester Vermarktungsabsicht heraus, bevor man was geliefert hat. Wer so handelt, muss auch schnell liefern können, sonst sinkt die Nachfrage und die Glaubwürdigkeit.
Was verhiess uns denn diese Geschichte? Dass man zusammenhält. Dass man zusammen durch dick und dünn geht. Dass erfolg nicht alles im Leben ist. Dass man einander aufs Dach gibt, obwohl (oder gerade weil) man sich gern hat, aber auch wieder verzeiht. Dass man sich vertraut. Dass man stolz auf seine Geschichte ist, sich gerne an die gemeinsame Zeit erinnert. Dass man an eine positive Entwicklung glaubt. Dass man bereit ist, für den Verein Opfer zu bringen. Dass man dankbar ist. Dass man sich respektiert. Dass man zusammen alles ertragen kann, weil man zusammen stärker ist. Dass uns negative Schlagzeilen nicht aus der Ruhe bringen. Dass uns ein übermächtiger Gegner keine Angst einjagt. Dass man füreinander an sein Äusserstes geht. Dass man traurig ist und Verständnis hat, wenn einer auszieht um mehr Geld zu verdienen. Dass Leute in der Ferne realisieren, was sie beim FCB hatten und gerne zurückkehren. Das das Stadion kocht. Dass die Gegner vor dieser Einheit in Ehrfurcht erstarren. Dass wir gewinnen, weil wir bereit sind etwas zu riskieren und dafür zu kämpfen. Dass der FCB Heimat ist. Dass man in der ganzen Region den FCB atmen, riechen, sehen, hören, fühlen kann. Dass man sich diesem Gefühl nicht entziehen kann. Dass es genetisch und kulturell vererbt wird. Dass der FCB mehr ist, als die Summe aller Teile, nämlich ein lebendiger und starker Organismus mit einem Eigenleben und wir alle einen Teil davon sind. … diese Liste liesse sich beliebig weiterführen.
Ich schlage diesen weiten Bogen, weil alles zusammenhängt.
Wie soll ich Vertrauen aufbauen, wenn mir kein Fehler verziehen wird? Wie soll ich an eine Heimat glauben, wenn ich mit Schimpf und Schande verabschiedet werde? Wenn mir von einer Rückkehr abgeraten und gar Gewalt angedroht wird? Wie soll ich wissen, dass das nicht so gmeint war? Wie soll ich auf Junge setzen, wenn ich am sofortigen Erfolg gemessen werde und an einen solchen mit Jungen nicht glaube? Wie soll ich an menschliche Beziehungen glauben, wenn sich Freunde nicht getrauen meine Fehler anzusprechen und mir Wertschätzung nur in Form eines Postens anbieten? Wie soll ich an den Wert der gemeinsamen Vergangenheit glauben, wenn mir trotz Rekordsaison frühzeitig gekündigt wird? Wie soll ich an langfristige Ziele glauben, wenn beim Anzeichen einer Krise eine andere Richtung eingeschlagen wird? Wie soll ich ein Risiko eingehen können, wenn ein aufgebrachter Mob gierig auf der Suche nach einem Sündenbock ist? Wie soll ich zu einem Fehler stehen können, wenn keiner mehr zwischen Mensch und Handlung unterscheidet?
Ja, das jetzige Klima ist angespannt und unangenehm. Aber solange wir die Schuld nicht auch bei uns selber suchen, wird es so gereizt bleiben. Damit wieder ein Klima von Zusammenhalt und Vertrauen entstehen kann, braucht man nicht gleich den Mut, als erster die eigenen Fehler zuzugeben. Es würde schon reichen, sie auch bei sich zu sehen und den anderen verzeihen zu können. Die Menschen zu respektieren und ihre Handlungen zu verstehen. Sagen, was sie falsch machen, statt den Mensch zu verurteilen.
Sorry
Das klang jetzt fast wie eine Predigt, aber das musste ich einfach mal rauslassen. Die Causa Okafor bietet sich einfach an, weil dieses Thema die Gemüter erhitzt und so viele verschiedene Einflüsse zu dem Wechsel geführt haben. Dass uns Okafor verlassen hat ist eben nicht der Grund für unsere Situation, sondern ein Indiz. Unser grösstes Problem ist, dass zu wenige noch an die Geschichte glauben, die der FCB erzählen könnte und die wir gerne hören und erleben würden.