UNO: Die Schweiz ist rassistisch
Der UNO-Sonderberichterstatter über Rassismus, Doudou Diène, ortet in der Schweiz eine rassistische und fremdenfeindliche Dynamik. Vor dem UNO-Menschenrechtsrat beklagte Diène eine politische Instrumentalisierung des Rassismus.
Der Sonderberichterstatter hatte die Verhältnisse in der Schweiz vom 9. bis am 13. Januar 2006 untersucht. Anlässlich der Diskussion über seinen Bericht kritisierte er, Gesetzgebung und Politik würden Fragen der Einwanderung und des Asyls einseitig unter dem Sicherheitsaspekt behandeln.
Der senegalesische Jurist stellt in seinem Bericht weiter fest, dass es in der Schweiz «politische Parteien mit rassistischen und fremdenfeindlichen Plattformen» gebe, die ihr Programm durchsetzen wollten. Zudem gebe es einen «tiefen kulturellen Widerstand» gegen Multikulturalismus, insbesondere gegenüber nicht-europäischen Ausländern.
Diène empfiehlt den Schweizer Behörden, «einen geschlossenen politischen Willen» zu zeigen, gegen rassistische Tendenzen in der Gesellschaft anzukämpfen. Er sprach sich zudem für ein nationales Aktionsprogramm gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aus.
Bundesrat: Nur Einzelfälle
In seiner Antwort vor dem Menschenrechtsrat sagte der Schweizer UNO-Botschafter Blaise Godet, er wolle die Situation nicht beschönigen. «Rassismus ist in der Schweiz präsent und die Behörden auf allen Ebenen sind sich dessen bewusst.»
Die Schweiz werde die Empfehlungen Diènes prüfen und freue sich über die Fortsetzung des Dialogs mit dem UNO-Experten, sagte Godet. Der Bundesrat seinerseits betonte in einer Mitteilung, von Einzelfällen könne nicht auf eine generelle Dynamik von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im ganzen Land geschlossen werden.
Die von Diène angesprochenen Vorfälle seien zu bedauern und der Bund sei sich bewusst, dass weitere Anstrengungen zur Sensibilisierung der Bevölkerung sowohl auf Bundes-, Kantons- wie Gemeindeebene erforderlich seien, so der Bundesrat.
Keine Diskriminierungen
Im weiter verweist er darauf, dass das vom Sonderberichterstatter angesprochene Asylgesetz vom Souverän mit grossem Mehr beschlossen wurde. Der Bundesrat sei überzeugt, dass es bei der Umsetzung zu keinen Diskriminierungen kommen werde.
Die Schweiz nehme die von Diène aufgeworfenen Fragen und die vom ihm gemachten Anregungen ernst, heisst es in der Mitteilung weiter. Sie werde den Einsatz gegen Rassismus und Diskriminierung kontinuierlich intensivieren.
Zahlreiche Meldungen
In seinem Bericht listet Diène zahlreiche Meldungen von Schweizerinnen und Schweizer über rassistische Vorfälle und Untätigkeit der Behörden auf. Ebenso zeigt er kritische Reaktionen auf seinen Vorbericht, der im September veröffentlicht wurde.
Dabei empört er sich insbesondere über Mitteilungen, welche «sich gegen die Nationalität des Sonderberichterstatters» richten. Diese «verdeutlichen das beunruhigende Auftreten einer fremdenfeindlichen Kultur, die dem Image eines Landes, das den europäischen UNO-Sitz beherbergt, langfristig schadet».
Diène kritisiert weiter «das Leitmotiv des ausländischen Kriminellen». Dieses sei bei zahlreichen Abstimmungen immer wieder aufgenommen, in politischen Reden betont und von manchen Medien verstärkt worden. Dadurch werde es in der kollektiven Gesinnung je länger je bestimmender, warnt der Sonderberichterstatter.
http://www.20min.ch/news/schweiz/story/12978690