BaZ, 20.9.05
Premiere im Hallenstadion
DER EHC BASEL FÜGT DEN ZSC LIONS DIE ERSTE NIEDERLAGE IM RENOVIERTEN STADION ZU
Oliver Gut, Zürich
Trügerisches Bild. Martin Kout (r.) holt Eric Landry vom Eis, doch im Endeffekt erwiesen sich die Basler standfest genug. Key[IMG]
Die Mannschaft von Kent Ruhnke landet einen unerwarteten Auswärts-Coup: Sie gewinnt dank Toren von Keller, Voisard, Tambijew und Nüssli beim Meisterschaftsfavoriten ZSC Lions mit 4:2.
Es gibt Momente, in denen traut man den Augen kaum. Als Thomas Nüssli gestern 216 Sekunden vor der Schlusssirene mit einem satten Slapshot Goalie Ari Sulander zum vierten Mal an diesem Abend bezwang, war so ein Moment. Es war der Treffer zum siegsichernden 4:2 für den EHC Basel. Es war ein Tor, dem gar eine kleine, historische Bedeutung zukam. Denn der bescheidene Aufsteiger vom Rhein gewann nicht nur erstmals seit der Einführung der Playoffs gegen den Spitzenclub aus der Finanz-Hauptstadt und sicherte sich damit zwei wertvolle Punkte. Er fügte dem Meisterschaftsfavoriten auch die erste Niederlage im neuen, umgebauten Hallenstadion zu.
Einem Hallenstadion, das viel von seinem einstigen Geist eingebüsst zu haben scheint. Denn zu Beginn waren es noch die Ohren, denen man kaum traute. Schmuck ist es zwar, das neue Heim der Lions. Rund um den Eisrink, aber auch in den Wandelhallen erinnert es an die ultramodernen Sportstätten, wie man sie sonst aus der nordamerikanischen National Hockey League kennt. Doch auch die Atmosphäre, welche den einstigen Kult-Tempel ausgemacht hatte, scheint sich den Gegebenheiten aus Übersee angepasst zu haben. Laut war gestern nur die Soundanlage, die zeitweise hart an der zulässigen Dezibelgrenze funktionierte. Die Stimmung jedoch, welche die Zürcher Hardcore-Fans über weite Phasen boten, war mit früher nicht zu vergleichen. Das Grüppchen Basler musste sich jedenfalls über weite Phasen der Partie nicht verstecken und war meist gut hörbar.
Motiviertere Basler. Möglich, dass dies auch nur am Geschehen auf dem Eis lag. Denn nachdem die Gastgeber mit der ersten Überzahlsituation in Führung gegangen waren, entwickelte sich das Spiel nicht in jene Richtung, die allgemein erwartet worden war: Der EHC Basel fing sich, hielt dagegen und war von der 15. Minute an, als Nationalverteidiger Olivier Keller aus kurzer Distanz ausglich, dem weit besser besetzten, aber weniger motivierten Gegner ebenbürtig. Unterstützt von einem Daniel Manzato, der im Basler Tor einen grossen Abend erlebte, und McTavish, Wichser und Co. ein ums andere Mal stoppte, zeigte die Mannschaft von Kent Ruhnke ihre bislang beste Saisonleistung. Kompakt und diszipliniert trat der EHC auf und zeigte sich in Unterzahl gefestigt.
«Wir waren nie unsicher und spielten erstmals konstant auf gutem Niveau», urteilte Gaëtan Voisard danach. Der Verteidiger war es, der dem EHC Basel in der 37. Minute den Weg zu Sieg wies. Mit einem schönen Schuss traf er in Überzahl zum 2:1. Die Reaktion der zuvor nonchalanten Zürcher folgte erst im Schlussdrittel. Doch anstatt die Partie auszugleichen, gestanden sie den Gästen mit einem Wechselfehler jene Gelegenheit zu, die sich Leonid Tambijew nicht entgehen liess: In seinem ersten Spiel für den EHC durfte der Lette alleine auf ZSC-Goalie Sulander zufahren und diesen zum 3:1 bezwingen. Steiner gelang zwar noch der Anschlusstreffer. Doch als Nüssli wenig später das vierte Basler Tor erzielte, war der unerwartete Auswärtscoup gesichert. Es gibt Momente, in denen traut man den Augen kaum.
ZSC Lions-Basel 2:4 (1:1, 0:1, 1:2)
Hallenstadion. - 7021 Zuschauer. - SR Reiber, Kehrli/Küng. - Tore: 5. Petrovicky (Alston, Karlberg/Ausschluss Astley) 1:0. 15. Olivier Keller (Tambijew, Morgan/Ausschlüsse Wichser; Friedli) 1:1. 37. Voisard (Landry, Plavsic/Ausschluss Karlberg) 1:2. 52. Tambijew (Landry) 1:3. 55. Steiner (McTavish, Kout) 2:3. 57. Nüssli (Friedli) 2:4. - Strafen: 5mal 2 Minuten gegen die ZSC Lions, 9mal 2 gegen Basel.
ZSC Lions: Sulander; Seger, Kout; Boumedienne, Blindenbacher; Höhener, Stoffel; Patrick Schnyder; Bieber, Gloor, Tiegermann; Claudio Moggi, Stirnimann, Helfenstein; Wichser, Karlberg, Petrovicky; Steiner, Alston, McTavish.
Basel: Manzato; Plavsic, Voisard; Keller, Astley; O. Schäublin, Wüthrich; R. Forster; Tambijew, Landry, Anger; Friedli, Chatelain, Nüssli; Voegele, Morgan, Schnyder; Walker, Tschuor, Collenberg; Weibel.
Bemerkungen: ZSC Lions ohne Furrer, Beat Forster, Zeiter, Paterlini und Camenzind (verletzt), Basel ohne Peltonen und Bundi (beide rekonvaleszent) sowie Druken (überzählig), Debrunner und Stalder (beide an NLB-Partner Olten ausgeliehen), dafür erstmals mit Tambijew.
Wortmeldung
«Heute geniesse ich das Bier noch etwas mehr als an anderen Tagen. Ich bin etwas überrascht von unserer guten Teamleistung. Es war bislang klar unser bestes Spiel in dieser Saison.»
EHC-Trainer Kent Ruhnke, dem die Zufriedenheit nach dem Sieg über seinen ehemaligen Arbeitgeber von weitem anzusehen war.