Das grosse Geschäft
Mit Test-Länderspielen werden im Fussball Millionen umgesetzt
VON UELI KÄGI
ZÜRICH Sie bringen Ronaldinho und Robinho und Kaká mit. Ihre Auftritte sind weltweit Ereignis*se, daran ändert auch eine verpfuschte WM nichts. Die Brasilianer sind in Basel die Star*gäste, die am kommenden Mitt*woch den ausgebauten St.-Jakob* Park einweihen. Der Schweizer Fussballverband (SFV) hat bis auf eine kleine Restmenge fast alle 39 000 Tickets abgesetzt. Ein Heimspiel der Schweiz hatte zuletzt vor 15 Jahren und zu Steh*platzzeiten mehr Zuschauer.
48 000 sahen 1991 die EM-Quali*fikationspartie gegen Schottland im Berner Wankdorf.
Wenn die Brasilianer zu Test*spielen antreten, wird Geld in Umlauf geschleudert. Der brasi*lianische Verband CBF hat die Vermarktungsrechte für sechs Freundschaftspartien in diesem Herbst an die Schweizer Firma Kentaro verkauft, für geschätzte 7 Millionen Franken – offiziell werden Zahlen in diesem Geschäft kaum einmal kommuni-z*iert. Die Brasilianer sind deshalb im September in London gegen Argentinien angetreten, vor 60 000 im neuen Emirates-Stadi*on und bei Ticketpreisen bis zu 220 Franken. Innovativ müsse man sein in diesem Markt, sonst lasse sich kein Geld verdienen, sagt Philippe Huber.
Huber, Schweizer und ehema*liger Spielervermittler, ist Kentaro-Führungsfigur wie Phi*lipp Grothe, Deutscher, einst CEO des Sportrechtehändlers Sportfive und danach bei der IMG-Fussball-Division in leiten*der Funktion. Beide haben sie sich über fast zwei Jahrzehnte hinweg ausserordentliche Bezie*hungen im Fussball und auch zum CBF geschaffen. Derzeit ver*handelt Kentaro mit Brasilien über eine Weiterführung des Län*derspielvertrages und rechnet mit baldigem Abschluss
Die dicken Gewinne: 3,5 Millio*nen Franken mit drei Spielen Zur Seite15:29 19.01.2006 34
Vor-WM-Match zwischen den teuer verpflichteten Engländern und Argentiniern in Genf, auch von Ataro organisiert, spielte fast eine halbe Million netto ein.
Das klingt nach einfach ver*dientem Geld, ist aber nur die hal*be Wahrheit. 10 000 nicht ver*kaufte Tickets können einen mas*siven Verlust bedeuten. Argenti*nien - Kroatien im März in Basel zog nur gut 13 000 Zuschauer an. Das Risiko wird in der Branche eingegangen. Die Verbände gros*ser Fussballnationen profitieren
![Bild](http://epaper2.sonntagszeitung.ch/newsmem/sonntagszeitung/20061112/sz_ges_12.11.06_033.pdf.0/img/Image_0.jpg)
Ronaldinho mit 1,5 Millionen Franken in den St.-Jakob-Park gelockt: 39 000 Zuschauer werden den Superstar am Mittwoch bei Schweiz - Brasilien sehen FOTOS: FOTO-NET/BASEL UNITED
ihrem Marktwert, verkaufen sich an Agenturen und müssen sich kaum mehr um die Adminis*tration von Testländerspielen kümmern. Argentinien veräus*serte die Rechte an seinen 24 Testspielen bis 2011 dem rus*sischen Milliardär Wiktor Wek*selberg für 18 Millionen Dollar.
Der Verband hat schätzungs*weise 1,5 Mio. Franken bezahlt
Im Fall des Länderspiels zwi*schen der Schweiz und Brasilien trägt der Schweizer Verband das finanzielle Risiko. Schätzungen zufolge hat der SFV mit General*sekretär Peter Gilliéron als Ver*handlungsführer rund 1,5 Millio*nen Franken an die Kentaro be*zahlt, um gegen Brasilien spielen zu dürfen. Die TV-Rechte bleiben für den jeweiligen Heimmarkt bei den zwei Landesverbänden, Ken*taro hält die Rechte für den welt- weiten Verkauf. Huber sagt, das Spiel werde in über 100 Länder übertragen, was Kentaro mehrere Hunderttausend Franken zusätz*lich einbringt.
Gilliéron war mit einem «klei*nen Restzweifel» davon ausge*gangen, das Stadion füllen zu können und nicht in die Verlust*zone zu geraten. Der SFV konnte Brasilien wohl auch deshalb ver*pflichten, weil die für den fünf*maligen Weltmeister attraktive*ren und für Kentaro wirtschaft*lich interessanteren Gegner wie England, Spanien, Italien oder Deutschland in der EM-Qualifi*kation engagiert sind. Kentaro* Chef Huber sagt aber auch, er ha*be als Schweizer auf Grund emo*tionaler Verbundenheit ein ge*wisses Interesse daran gehabt, Brasilien dem SFV zu vermitteln. Er ist «zufrieden mit dem Deal». Wesentlichen Anteil am Zustan*von dekommen dieser Partie hat auch Köbi Kuhn. Der Nationaltrainer hatte die Brasilianer und Huber in Weggis besucht und dabei wichtige Kontakte hergestellt
Wie der SFV gegen Italien 800 000 Franken verdiente
Die Eintrittspreise bewegen sich zwischen massvoll (20 Franken für Kinder) und happig (150 Franken für die Haupttribü*ne, exklusiv Verkaufszuschlag von 20 Franken bei Ticket*corner). Gilliéron erwartet trotz erfolgreichem Vorverkauf ein Nullsummenspiel oder «höchs*tens » einen kleinen Gewinn. Zuschauer-, TV- und Werbeein*nahmen stehen auf der Ertrags*seite des SFV und sorgen für rund 3 Millionen Einnahmen. Die Vermittlungsprämie für Ken*taro ist der mit Abstand höchste Ausgabenposten. Ein Länder*spiel inklusive Catering, Sicher*heit und Inhouse-TV im ausge*bauten St.-Jakob-Park kostet rund 700 000 Franken; knapp 300 000 Franken beträgt allein die Stadionmiete. Finanziert werden müssen zudem die Kos*ten für Anreise und Übernach*tungen der Teams.
Vor der WM hatte die Schweiz in Genf gegen Italien gespielt. Dieser Match war für den Verband finanziell attraktiver gewesen als das Brasilien-Spiel. Die Italiener waren auf der Suche nach einem Gegner in ihrer Nähe und stellten kaum finanzielle An*sprüche, der SFV schloss mit ei*nem Nettoertrag von 800 000 Franken ab. In den Übergangs*jahren ohne Qualifikationsspiele bis zur EM 2008 im eigenen Land ist der SFV allerdings nicht auf hohe Gewinne in den Testspielen angewiesen. Die Finanzplanung sieht vor, dass er sein 15-Millio*nen- Jahresbudget durch Sponso*ring-, Werbe- und TV-Einnah*men, Zuschüsse der Sport-Toto* Gesellschaft, Matcheinnahmen, Mitgliederbeiträge und leichten Rückgriff auf die Reserven decken kann.